Schweizer Friedhöfe sind im Visier von Kriminaltouristen. Sie stehlen frische Blumen, die Trauernde auf die Gräber gelegt haben – und verkaufen sie! «Die Täter kommen meist mit Kindern und arbeiten blitzschnell», sagt Bestatter Adrian Hauser (45) aus Willisau LU. «Sie haben es meist auf die Rosen abgesehen.»
Schon mehrmals hätten sich Angehörige von Verstorbenen über gestohlene Blumen beschwert. «Hier in Willisau wird die Friedhofskultur rege gepflegt. Man findet viele frische Blumen.» Doch auch von Diebstählen im Kanton Schwyz hat Bestatter Hauser gehört. Die Täter seien meist in Banden organisiert und kämen aus dem Osten. Ein Anwohner war laut Hauser Zeuge der miesen Masche in Willisau: «Die Diebe kamen mit ihren Kindern und hatten mehrere Plastiksäckli dabei.» Nachdem sie den Friedhof inspiziert hatten, sei alles ganz schnell gegangen: «Die frischen Rosen kamen in ein Säckli, und danach suchten die Diebe das Weite.»
Die frisch erbeuteten Blumen werden ein paar Meter weiter im Städtchen für teures Geld verkauft. Mit einer penetranten Verkaufsstrategie: «Kaum macht man die Autotüre auf, belagern einen die Verkäufer, oder sie drücken einem die Rosen direkt in die Hand, damit man fast nicht mehr Nein sagen kann», sagt Hauser.
Viel könne man gegen den Diebstahl nicht tun: «Ein Friedhof ist ein öffentlicher Platz und rund um die Uhr zugänglich – für jeden.»
Adrian Hauser war vor seiner Zeit als Bestatter 17 Jahre lang als Polizist im Einsatz. Er merke, wer auf den Friedhof komme, um zu trauern, und wer etwas im Schilde führe. «Wenn eine Familie mit Kindern auf dem Friedhof herumlungert, weiss man, dass es Diebe sein könnten.» Er schicke sie meistens weg.
Zwar ist der finanzielle Schaden bei einem Blumendiebstahl eher klein. Aber: «Es geht um die Moral», sagt Hauser. «Wenn ich den Zug verpasse, nehme ich auch nicht einfach das erstbeste Velo, das nicht abgeschlossen ist, und fahre damit nach Hause.»
Den Betroffenen rät er, bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Auch wenn den Dieben wohl bloss eine Geldbusse droht.
Urs Wigger, Mediensprecher der Luzerner Polizei, bestätigt ähnliche Vorfälle. Wie hoch die Zahl der Blumendiebstähle tatsächlich ist, sei allerdings aufgrund des geringen Schadens unklar: «Ob sich alle Personen bei uns melden, die einen Blumendiebstahl zu beklagen haben, können wir nicht beurteilen.»