Es war dieses Jahr einer ihrer grössten Aufmärsche in Deutschland: 1000 bis 1200 Rechtsextreme trafen sich im sächsischen Ostritz, direkt an der polnischen Grenze.
Das Datum war nicht zufällig gewählt: Die Neonazis feierten am Freitag vergangener Woche den Geburtstag von Adolf Hitler. Mehrere Teilnehmer des «Schild und Schwert»-Festivals waren in T-Shirts mit dem Aufdruck «I love HTLR» angereist, unter ihnen auch Nazi-Aktivisten aus der Schweiz wie der Oberwalliser S. G.*
Der 38-Jährige ist auf mehreren im Netz veröffentlichten Bildern aus Ostritz zu sehen. Der Aktivist des in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerks Blood & Honour (Blut und Ehre) ist kein Unbekannter: Seit er im Herbst 2005 in Gamsen VS ein Neonazi-Konzert mitorganisierte, ist S. G. in der Szene eine feste Grösse.
Antisemitische Gesänge und Hitlergrüsse
Weil bei dem Anlass im Wallis auch das antisemitische Blutlied gesungen wurde («Lasst die Messer flutschen in den Judenleib ...») und mehrfach der Hitlergruss zu sehen war, wurde er als Hauptverantwortlicher des Konzerts 2009 verurteilt.
G.s Tattoostudio wird von Rechtsextremisten aus halb Europa frequentiert, sein Textilhandel bedruckt T-Shirts nach Wunsch – auch mit Logos und Symbolen der rechtsextremen Szene.
Als sich vor knapp zwei Jahren 5000 Neonazis im Toggenburg trafen, war G. gemäss Polizeiprotokoll für den Aufbau der Bühne verantwortlich. Welche Funktion er bei dem Treffen in Ostritz hatte, ist nicht bekannt. Klar ist nur: G. gehört inzwischen zum inneren Zirkel der Szene. Auf Fotos ist er mit dem Sänger Marko Gottschalk von der deutschen Rechtsrock-Band Oidoxie zu sehen, dem Hauptact des Festivals am Samstagabend.
Der Band, deren Lieder in Deutschland teils verboten sind, wird eine Nähe zu gewalttätigen Streetfighting-Crews nachgesagt. Die fielen den Sicherheitsbehörden zuletzt dadurch auf, dass sie sich Waffen für den Kampf gegen Andersdenkende beschafften.
Schwyzer Bruderschaft
Am Wochenende fielen in Ostritz erstmals Schweizer Teilnehmer mit Aufnähern der rechtsextremen Rockergruppe Brigade 8 auf, einer Bruderschaft aus dem Kanton Schwyz. Der achte Buchstabe im Alphabet ist H – wie Hitler. Bisher war die rechtsextreme Rockertruppe nur in Norddeutschland in Erscheinung getreten, unter anderem mit Ablegern in Schleswig-Holstein und Bremen.
Der bundesdeutsche Verfassungsschutz stufte die Gruppe 2012 als antisemitisch und «in krasser Weise menschenverachtend» ein. Aus diesem Grund wurde damals ein geplanter Anlass der Gruppe verboten.
Nicht so in Ostritz: Hier sorgten Hunderte Polizisten für die Sicherheit der Neonazis – vor allem, weil eine Gegenkundgebung angesagt war. Beim Festival, das von Funktionären der rechtsextremen Partei NPD organisiert wurde, beschlagnahmte die Polizei zwar mehrere T-Shirts, die als verfassungswidrig gelten: Sie zeigen zwei gekreuzte Handgranaten, das Kennzeichen einer berüchtigten SS-Sturmbrigade im Zweiten Weltkrieg. Sonst blieb die Veranstaltung unbehelligt. Inzwischen leitete die Staatsanwaltschaft in Görlitz Ermittlungen ein.
*Name der Redaktion bekannt