Nach dem Tod seines kleinen Bruders im Schächental UR
Stefan (17) verprügelt Schulleiter

Im April stürzte der elfjährige Markus in den Tod. Er wurde in der Schule gemobbt. Sein Bruder Stefan hat sich jetzt am Schulleiter gerächt.
Publiziert: 21.11.2011 um 23:49 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:46 Uhr
Von Sandro Inguscio

Stefan A.* gilt als ruhiger, zurückhaltender Typ. Ein wortkarger Bauernsohn vom Berg in Spiringen UR. Doch irgendwann, so sagt er heute, sei ihm, dem besonnenen Schlosserlehrling, der Kragen geplatzt. Ziel seiner Wut und Enttäuschung wurde Dölf E.*, der Schulleiter in Spiringen.

Es ist der 3. November. Stefan A. fährt nach der Arbeit in Schattdorf UR mit seinem Roller nach Hause. Bei der Kirche in Spiringen macht er halt. «Ich ging zum Grab meines Bruders Markus. Dann kam alles wieder hoch», sagt der 17-Jährige.

Markus (11) stürzte in den Tod

Es sind die Erinnerungen an jenes tragische Wochenende im April (): Sein kleiner Bruder Markus (11) ist bei seiner Grossmutter in Attinghausen zu Besuch. Um 17 Uhr verlässt er das Haus, sagt nicht, wohin er geht. Als er beim Eindunkeln nicht daheim ist, alarmiert die Familie die Polizei.

Am Sonntag wird die Leiche von Markus im Bockitobel gefunden. Der Bub ist 110 Meter tief in den Tod gestürzt. Gerüchte von Selbstmord machen die Runde. Laut einer externen Untersuchung werden allerdings keine Hinweise auf einen Suizid festgestellt.

Doch gleichzeitig wissen die Familie und die Schule, dass der Schulalltag für Markus eine Qual gewesen ist. Die zwei Wochen vor seinem Tod ist er nicht mehr in die Schule gegangen. Denn in der Klasse wird der Bergler-Bub gemobbt.

Hätte die Schule anders reagieren müssen?

Was seinen grossen Bruder Stefan bis heute plagt: «Die Schule tat nichts gegen dieses Mobbing! Obwohl meine Mutter oft sagte, es gehe Markus schlecht. Schulleiter Dölf E. und andere Verantwortliche wimmelten sie immer ab.» Standardantwort: Man könne Markus nicht aus der Klasse nehmen.

«Und überhaupt, so schlimm könne es doch gar nicht sein, sagten sie. Meine Mutter weinte deshalb viele Male», erinnert sich Stefan. Sein Blick wird finster. «Vom Schulleiter kam bis heute keine Entschuldigung, dass er nichts gegen das Mobbing unternommen hat.»

Stefan schlug aus Wut zu

Und an diesem 3. November steht Stefan am Grab des kleinen Bruders. Die Wut packt ihn. Er beschliesst, den Schulleiter zur Rede zu stellen. «Ich ging rüber zur Schule und fragte ihn, warum er meinem Bruder nicht geholfen habe. Seine Antworten waren wie von einem Kleinkind. Da boxte ich ihm eins. Er fiel um wie ein Mehlsack.»

Dölf E. zeigt den Jugendlichen an. Nach dem Angriff ist er krankgeschrieben.

Schulleiter Dölf E. selber streitet gegenüber BLICK einen Zusammenhang zwischen dem Angriff auf ihn und dem Tod von Markus A. ab: «Das sind zwei verschiedene Geschichten.» Seine Schule unterstützt ihn: «Wir verurteilen jegliche Art von Gewalt», teilt der Schulrat in einem Elternrundschreiben mit.

Doch Schlosserlehrling Stefan A. bleibt uneinsichtig: «Der weiss genau, warum er eine kassiert hat. Einfach so hätte ich ihn nicht angegriffen!»

* Namen der Redaktion bekannt

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