Blitze zucken am dunklen Himmel, der Donner grollt. Dieser Tage ziehen immer wieder heftige Gewitter über die Schweiz. Den heftigen Unwettern fallen nicht selten auch Bäume in den Wäldern zum Opfer. Dann müssen die Förster ausrücken und die umgestürzten Bäume entfernen. Das ist hochriskant – Förster ist der gefährlichste Job der Schweiz. Nicht selten kommt es bei den Arbeiten mit Sturmholz zu schweren Unfällen.
Einer, der genau das erlebt hat, ist Peter Hofstetter (59) aus Entlebuch LU. Seit dem 8. Januar 2018 ist für ihn nichts mehr so, wie es einmal war. Der Bergbauer und Käsereibetreiber stand mit beiden Beinen fest im Leben – wortwörtlich. «Ich war immer im Chut, wie wir hier sagen», sagt er. «Aber mein Stündchen hatte damals noch nicht geschlagen, sonst wäre ich nicht mehr hier.»
Das Drama nahm seinen Lauf, als am 3. Januar 2018 das Sturmtief Burglind über die Schweiz fegte. Diverse Bäume im familieneigenen Wald waren den starken Windböen zum Opfer gefallen. Der ausgebildete Landwirt fackelte nicht lange: «Ich habe zu meinem Sohn gesagt, jetzt müssen wir die an Eschenwelke erkrankten Eschen fällen gehen – sonst wird plötzlich noch ein Schaf auf der Weide von einem umstürzenden Baum getroffen.»
Von Baumwipfel getroffen und fast erstickt
Routiniert greift Hofstetter wenige Tage später zur Säge, fällt Baum um Baum. Doch weil diese im Januar kein Laub tragen, kann er nicht erkennen, wie krank diese wirklich sind. Genau das wird ihm zum Verhängnis. Er habe die Esche nach Lehrbuch gefällt, erzählt der geschulte Landwirt: «Aber der Baumwipfel ist abgebrochen und auf mich heruntergedonnert. Ich hatte keine Chance.»
Generell passieren laut Suva immer weniger Unfälle: Heute verzeichnet die Suva bei ihren Versicherten 14 Prozent weniger Unfälle als noch vor zehn Jahren. Allerdings passieren noch immer 800 Berufsunfälle pro Tag. Die Zahl der tödlichen Berufsunfälle sank in den letzten zehn Jahren sogar um 44 Prozent. Pro 100'000 Vollbeschäftigte wurden noch 50 tödliche Unfälle verzeichnet. Das sind die zehn gefährlichsten Berufe der Schweiz:
1. Förster: 277 Unfälle auf 1000 Vollbeschäftigte
2. Dachdecker und Fassadenarbeiter: 214 Unfälle
3. Vorbereitende Bauarbeiten, zum Beispiel beim Rohbau: 173 Unfälle
4. Metall-, Apparatebauer und Monteure: 168 Unfälle
5. Recyclingarbeiter: 158 Unfälle
6. Bodenleger: 154 Unfälle
7. Gebäudetechniker: 153 Unfälle
8. Plattenleger: 153 Unfälle
9. Zimmerleute: 146 Unfälle
10. Maler und Gipser: 144 Unfälle
Quelle: Suva
Generell passieren laut Suva immer weniger Unfälle: Heute verzeichnet die Suva bei ihren Versicherten 14 Prozent weniger Unfälle als noch vor zehn Jahren. Allerdings passieren noch immer 800 Berufsunfälle pro Tag. Die Zahl der tödlichen Berufsunfälle sank in den letzten zehn Jahren sogar um 44 Prozent. Pro 100'000 Vollbeschäftigte wurden noch 50 tödliche Unfälle verzeichnet. Das sind die zehn gefährlichsten Berufe der Schweiz:
1. Förster: 277 Unfälle auf 1000 Vollbeschäftigte
2. Dachdecker und Fassadenarbeiter: 214 Unfälle
3. Vorbereitende Bauarbeiten, zum Beispiel beim Rohbau: 173 Unfälle
4. Metall-, Apparatebauer und Monteure: 168 Unfälle
5. Recyclingarbeiter: 158 Unfälle
6. Bodenleger: 154 Unfälle
7. Gebäudetechniker: 153 Unfälle
8. Plattenleger: 153 Unfälle
9. Zimmerleute: 146 Unfälle
10. Maler und Gipser: 144 Unfälle
Quelle: Suva
In sicherer Distanz holzte sein Sohn zum Zeitpunkt glücklicherweise ebenfalls. «Er musste kurz die Motorsäge tanken und hat nach mir gerufen», erzählt der Luzerner. «Als keine Antwort kam, wollte er nach mir sehen und hat mich am Boden liegend gefunden.» Die meiste Zeit sei er nicht bei sich gewesen und habe Gedächtnislücken, so der fünffache Vater: «Aber ich erinnere mich an einen Moment, da habe ich meinem Sohn gesagt, dass ich nicht mehr kann.» Vor lauter Schmerzen habe er die Wiese um sich herum ausgerissen. Ausserdem sei er beinahe erstickt: Eine Rippe hatte sich durch seine Lunge hindurch gebohrt und ihm den Atem geraubt. Sein Leben hing an einem seidenen Faden.
«Als hätte ich zwei Besenstiele im Rücken»
Sechs Wochen lang liegt der Schafzüchter auf der Intensivstation, an die ersten vier hat er keine Erinnerungen. An die letzten beiden und an seine intensive Rehabilitation im Schweizer Paraplegiker-Zentrum kann er sich aber gut erinnern. Er wurde mehrfach operiert: «Äusserlich hatte ich nur zwei kleine Kratzer, aber ich hatte diverse schwere innere Verletzungen, und das Rückenmark wurde verletzt. Bis heute habe ich vier Eisenstangen und 22 Schrauben im Rücken.» Das sei unangenehm, Schmerzen habe er jedoch keine: «Es fühlt sich an, als hätte ich zwei Besenstiele im Rücken.»
In den letzten Jahren hat sich der Familienvater ins Leben zurückgekämpft: «Ich habe das Glück, dass ich nur eine inkomplette Paraplegie habe», erklärt er. «Schon nach einigen Wochen habe ich wieder ein Gefühl in den Beinen gekriegt und kann unterdessen sogar wieder ein paar Schritte gehen.» Hoffnung habe ihm gegeben, dass er bei seiner Heilung stetig Fortschritte erzielt habe. «Und der Glaube hat mir sehr geholfen.»
Der Traum vom Bäumefällen
Ein Leben ohne Rollstuhl wird wohl nie mehr möglich sein. Doch Peter Hofstetter weiss sich zu helfen: «Ich bin sehr selbständig. Ich arbeite als Betriebsleiter in der Käserei und bin Teilzeit bei der Kirchgemeinde angestellt, fahre ein speziell umgebautes Auto, habe ein E-Bike mit drei Rädern, und letzten Winter bin ich sogar wieder Ski gefahren.» Ganz so elegant wie früher sehe es aber auf der Piste noch nicht aus, meint er schmunzelnd: «Ich fahre sitzend mit einem Monoskibob, das braucht extrem viel Balance.»
Den Wald liebt der Paraplegiker trotz seines Unfalls bis heute. «Dieser Geruch von frischen Sägespänen, es gibt nichts Besseres», schwärmt er. Ob er wieder holzen gehen würde? «Sofort, das ist ein grosser Traum von mir, aber wird wohl auch einer bleiben. Körperlich ist das einfach nicht mehr möglich.» Respekt davor hätte er nicht mehr als vor dem Unfall: «Es bleibt immer ein Restrisiko, und dem muss man sich einfach bewusst sein.»