Der EGMR war 2021 zum Schluss gekommen, dass die Verurteilung einer Bettlerin im Kanton Genf nicht zulässig gewesen sei. Ein absolutes Bettelverbot verstosse gegen das Recht, öffentlich um Hilfe zu bitten und verhindere eine Interessensabwägung im Einzelfall.
Das Argument, dass hinter Bettlerinnen und Bettlern oft kriminelle Banden stehen, liess das Gericht nicht gelten. Die Bestrafung der Opfer sei keine geeignete Massnahme, um die organisierte Kriminalität und den Menschenhandel zu bekämpfen.
Mit diesem Urteil ist auch das umfassende Bettelverbot im Kanton Luzern nicht mehr zulässig. Keine Fraktion des Kantonsrats lehnte die vom Regierungsrat vorgelegte Änderung ab.
Mario Bucher (SVP) sagte aber, dass in der Schweiz niemand betteln müsse, sondern dass es eine freie Entscheidung sei, dies zu tun. Anja Meier (SP) sagte dagegen, dass aus «purer Not» gebettelt werde. Armut sei kein Verbrechen.
Neu soll das Betteln grundsätzlich erlaubt sein. Die neue Gesetzesnorm sieht aber Einschränkungen vor. Verboten sein soll aggressives oder aufdringliches Betteln. Auch Betteln an Örtlichkeiten wie Ein- und Ausgängen, ÖV-Haltestellen, Geld- und Zahlungsautomaten, Schulanlagen, Spielplätzen, Friedhöfen oder Unterführungen bleibt verboten. Diese Aufzählung ist nicht abschliessend, wie der Kantonsrat gegen den Willen von SP und Grünen entschied.