Am Abend des Dienstags, 23. Mai, verändert sich das Leben von Joana Coimbra (24) für immer. In ihrem Zuhause in einem Mehrfamilienhaus im Luzerner Quartier Reussbühl bricht ein Brand aus. Noch bevor die Feuerwehr eintrifft, kann sich die junge Frau retten. Mit einem Sprung aus dem vierten Stock.
Die Überlebende spricht mit BLICK erstmals über das Unglück. Sie erinnert sich: «Ich war allein daheim und roch leichten Rauch.» Erst zehn Minuten später, als der Geruch intensiver wurde, erkennt Joana den Ernst der Lage: «Ich habe sofort das Telefon genommen und meinen Freund angerufen.»
André Mota (24) ist gerade auf dem Rückweg von der Arbeit: «Ich habe ihr gesagt, sie soll die Wohnung verlassen.» Was er nicht weiss: Die Flammen versperren Coimbra den Weg. «Als ich die Tür öffnete, kam mir schlagartig eine beissende Rauchwolke entgegen. Ich habe die Tür sofort zugemacht», sagt die junge Frau.
Ihr Freund hört am Telefon alles mit
In ihrer Not ruft sie wieder ihren Freund an, schreit ins Telefon: «Ich muss aus dem Fenster springen, sonst sterbe ich!» Doch die Wohnung des jungen Paars befindet sich im vierten Stock. Ihr Partner will sie aufhalten: «Nein, spring nicht!» Er weiss: zwischen Wohnung und Boden liegen zehn Meter.
Seine Freundin kann kaum atmen. «Die Flammen drangen in die Wohnung, der Rauch wurde immer stärker.» Die 24-Jährige kämpft mit dem Gedanken: «Entweder sterbe ich im Feuer oder wegen des Sprungs!»
Vor dem Haus haben sich Anwohner versammelt. Sie rufen: «Spring nicht! Warte auf die Feuerwehr!» Als sie merken, dass Joana Coimbra dennoch zum Sprung ansetzen will, schleppen sie Matratzen herbei.
Das gibt ihr Sicherheit, aber auch der Glaube an Gott hilft: «Eine innere Stimme sagte mir, dass alles gut wird, wenn ich springe. Dann setzte ich mich auf den Fenstersims, schaute auf die Matratzen und stiess mich weg.»
Wirbelsäule gebrochen – Albträume verfolgen sie
Coimbra überlebt den Sprung. Ihr Freund hört am Telefon alles mit. Sie sagt ihm am Hörer: «Ich bin auf dem Rücken gelandet, habe starke Schmerzen.» Die 24-Jährige landet im Spital: «Der Arzt sagte, dass ich grosses Glück hatte.» Dennoch: Im Rücken sind einige Wirbel gebrochen. Sechs Schrauben fixieren jetzt Coimbras Wirbelsäule. Die Schmerzen plagen die Frau: «Zwei Monate konnte ich mich kaum bewegen. Jetzt geht es besser, aber ich bewege mich immer noch langsam, nehme regelmässig Schmerztabletten.»
Seelisch bleibt die Last und die Angst, allein zu Hause zu bleiben. Nachts holen sie Albträume aus dem Schlaf. Joana Coimbra sagt zu BLICK: «Ich träume, wie ich in der brennenden Wohnung eingesperrt bin. Und nicht hinauskann.»
Das junge Paar hat wegen des Brandes sein ganzes Hab und Gut verloren. «Ein kleines rotes Sparschwein, das Portemonnaie und der Autoschlüssel sind geblieben», sagt Mota. Das Schwein ist nur der Glücksbringer, der auch half, dass das Paar innert kurzer Zeit eine neue Wohnung fand. «Ich danke allen Leuten so sehr, die uns geholfen haben», fügt Coimbra hinzu. Ihr grösster Wunsch: «Ich möchte wieder ein normales Leben führen und bald zurück an die Arbeit.»