Er vergewaltigte. Er tötete bestialisch. Und er plante neue Gräuel an neuen Opfern. Thomas N. (34) dringt am 21. Dezember 2015 in ein Einfamilienhaus in Rupperswil ein. Er schickt Carla Schauer (†48) zum Geld-Abheben. Nach ihrer Rückkehr fesselt er die Mutter, ihre beiden Söhne Davin (†13) und Dion (†19) sowie dessen Freundin Simona F.* (†21). Er vergewaltigt den Minderjährigen, schneidet allen die Kehle durch und steckt das Haus in Brand.
Seit Dienstag steht dieser Mann in Schafisheim AG vor Gericht. Den Zuhörern im Prozesssaal läuft es immer wieder kalt den Rücken hinunter. Die Details der Anklageschrift lassen in einen Abgrund von Unmenschlichkeit blicken. Auch Thomas N. bezeichnet sich als «krank» und «pädophil», als kein normaler Mensch – sprich: als ein Mensch, den man heilen müsste. Kalkül?
Psychiater Elmar Habermeyer und Josef Sachs legen ihre Gutachten vor. Sie sind sich einig: Thomas N. leide an einer Persönlichkeitsstörung, habe pädophile Neigungen. Aber: Er sei therapiefähig. Damit ist jetzt schon klar, dass der Killer nicht zu lebenslanger Verwahrung verurteilt werden kann. Er hat also theoretisch die Chance, in seinem Leben noch einmal wieder frei zu kommen.
Thomas N. hätte die Möglichkeit, seine Freilassung zu beantragen
Doch was tut man mit einem «therapierbaren» Vierfachmörder? Zur Wahl stehen die ambulante oder die stationäre Therapie. «Erstere begleitet den Vollzug in einer Strafvollzugsanstalt», erklärt Gerichtspsychiater Thomas Knecht, «die stationäre findet überwiegend in der geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Klinik oder in einer Massnahmenanstalt statt», und zwar statt einer Gefängnisstrafe.
«Der Richter könnte Thomas N. zu einer lebenslangen Haft verurteilen in Kombination mit einer ambulanten Therapie», spekuliert Marianne Heer vom Gericht in Luzern LU. Bei einem solchen Urteil könnte Thomas N. dereinst seine Freilassung beantragen. Der Antrag würde einer Kommission zur Prüfung vorgelegt. Befände diese, dass Thomas N. nun ungefährlich sei, dann könnte der vierfache Mörder tatsächlich freikommen.
Der Sicherheitsgedanke überwiege aber mittlerweile in der Schweiz, so die Oberrichterin weiter: «Falls es Zweifel gibt, bleibt ein Täter bis zum Lebensende hinter Gittern.» Die Zeiten, in denen ein zu lebenslänglich Verurteilter nach 15 Jahren Knast wieder rauskäme, seien endgültig vorbei. Zurzeit befänden sich rund 220 Häftlinge in hochgesicherten stationären Therapiemassnahmen.
Therapie ist hart
Seit 15 Jahren behandelt Monika Egli-Alge psychischkranke Verbrecher. «In der Therapie werden die Täter immer wieder mit ihren Taten konfrontiert. Das ist sehr hart und führt zuweilen sogar zu Suizid-Gedanken», sagt die Geschäftsführerin des Forensischen Instituts Ostschweiz (Forio). Wichtig seien Intensität und Dauer der Therapie.
Die Sitzungen finden in ausbruchsicheren Räumen statt. Mit Glastüren oder Videoüberwachung. Oft stehen Trennscheiben zwischen Psychologe und Gewaltverbrecher. «Ich gehe immer mit Achtsamkeit zur Behandlung. Angst aber hatte ich bislang nie», sagt Egli-Alge.
Zur Therapiefähigkeit von Thomas N. sagt die Fachpsychologin: «Das Rückfall-Risiko ist gross, die Erfolgsaussichten einer Therapie gering. Ich glaube nicht, dass man bei ihm so bald eine Resozialisierung wagen würde.»
BLICK berichtet über den Rupperswil-Prozess hier im Liveticker.