Er wollte 200'000 Franken erpressen
2 Jahre und 9 Monate Knast für Bombendroher von Ebikon LU

Im März 2018 wurde das Einkaufszentrum Mall of Switzerland in Ebikon LU wegen einer anonymen Drohung evakuiert. Nun wurde der Schweizer Serge M. (40) vor dem Kriminalgericht Luzern verurteilt.
Publiziert: 23.04.2021 um 10:33 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2021 um 19:51 Uhr
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Der Bombendroher von Ebikon stand am Freitag vor Gericht.
Foto: Claudio Meier
Michael Sahli, Georg Nopper und Anastasia Mamonova

Der Schweizer Serge M.* (40) hat nach Angaben der Staatsanwaltschaft 2018 mit Bombenexplosionen im Einkaufszentrum Mall of Switzerland sowie in einem Spital gedroht. Am Freitag stand der mutmassliche Bombendroher und Erpresser vor dem Kriminalgericht Luzern.

Am Abend fiel das Urteil. Das Gericht sprach M. der mehrfachen versuchten Erpressung, des falschen Alarms, des versuchten falschen Alarms, Schreckung der Bevölkerung und mehrfacher arglistigen Vermögensschädigung schuldig. Er wird zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten, 12 Monate davon unbedingt, verurteilt. 21 Monate sprach das Gericht bedingt aus bei einer Probezeit von vier Jahren. Zudem muss er sich einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung unterziehen.

Betreibungen seit dem 16. Altersjahr

Die Frage nach dem Motiv wollte Serge M. im Gerichtssaal nicht beantworten. «Diese Frage beschäftigt mich selber. Ich habe keine spezielle Wut auf die Mall of Switzerland oder so», sagte der Angeklagte. In der vorangegangenen Nacht habe er allerdings fast nicht geschlafen und habe kein Ventil gehabt, um Druck abzulassen. Er habe immer von allen aufs Dach gekriegt und sei ein sehr emotionaler Mensch. Welche «Hirnverbindungen» aber zu den Drohungen geführt hätten, könne er nicht sagen.

Serge M. hat schon seit der Jugend finanzielle Probleme. «Ich habe Betreibungen, seit ich 16 bin. Habe schon über 100'000 Franken abbezahlt. Irgendwann begann ich auch zu spielen, so haben sich meine Schulden verdoppelt», sagte der Beschuldigte. Schliesslich habe er vom Staat einen Beistand bekommen.

Die Staatsanwaltschaft warf Serge M. Schreckung der Bevölkerung, arglistige Vermögensschädigung, versuchte Erpressung und versuchten falschen Alarm vor. Sie beantragte vor dem Kriminalgericht eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Der Beschuldigte hielt die Strafe für übertrieben. Er erwähnte ein psychologisches Gutachten, wonach seine Tat eine Art Flucht gewesen sei. Er sei kein böser Mensch und zuvor nie straffällig gewesen.

Er veränderte die Stimme mit einer App

Serge M. rief gemäss Anklageschrift am 14. März 2018 gegen Mittag von einer Telefonkabine in Root LU die Mall of Switzerland im benachbarten Ebikon LU an. Er erklärte, dass um 12.30 Uhr eine im Gebäude deponierte Bombe explodieren werde. Er hatte die Drohung zuvor auf sein Smartphone aufgenommen und seine Stimme mit Hilfe einer App verändert.

«Ich sass im Auto und lud diese App herunter und nahm diese Nachricht auf», sagte der Beschuldigte vor Gericht. «Damals habe ich noch nicht einmal eine Geldforderung gemacht, es ging nicht ums Geld.»

Das erst vier Monate zuvor eröffnete Einkaufszentrum wurde wegen der Drohung geräumt und blieb den ganzen Tag geschlossen. Eine Bombe wurde nicht gefunden.

Hinterlegtes Geld von Frau gefunden

Nur zwei Tage später schlug der Droher gemäss Anklageschrift erneut zu. Er hinterliess auf dem Polizeiposten in Malters LU ein Schreiben, in dem er den Vorfall in der Mall of Switzerland als Probelauf bezeichnete. Er drohte nun mit der Explosion einer Bombe in einem Spital. Dieses Mal verband er die Drohung mit einer Geldforderung, und zwar in der Höhe von 150'000 Franken.

Die Polizei nahm diese Drohung ernst, stellte das Geld bereit und deponierte es wie gefordert in einer Zugstoilette. Das Geld wurde jedoch von einer unbeteiligten Frau gefunden, wie der Verteidiger von Serge M. im Gericht erklärt. Diese nahm das Geld und setzte sich seelenruhig wieder auf ihren Platz. Danach wurde sie von Polizisten festgenommen.

Der Droher befand sich ausserdem gar nicht im Zug. Wie die Staatsanwaltschaft Luzern auf Anfrage von Blick bestätigt, konnten die 150'000 Franken wieder sichergestellt werden.

«Ich wollte, dass sie mich erwischen»

Nachdem die Geldübergabe an Serge M. gescheitert war, erhöhte dieser seine Forderung auf 200'000 Franken. Bei der zweiten Übergabe in Sempach LU wurde er von der Polizei ausgetrickst – sie stopfte statt Geld eine Jacke in den in einem Fotoautomaten deponierten Rucksack. Minuten später wurde der Beschuldigte festgenommen.

«Ich habe gehofft, dass mich die Polizei früher erwischt», sagte Serge M. im Gericht. «Ich wollte, dass sie mich erwischen, ich bin auch sehr dilettantisch vorgegangen.»

Sein Verteidiger sprach von einer «tragischen Geschichte». Der Angeklagte sei ein grosser Fan der Serie «Criminal Minds» und habe nur eine Folge nachgespielt, die so ähnlich abgelaufen sei. «Wie ein kleiner Junge, der einen dummen Telefonstreich macht.» Zu keinem Zeitpunkt habe eine Gefahr für die Allgemeinheit bestanden. Sein Mandant sei in einer persönlichen Ausnahmesituation gewesen. Die Verteidigung verlangte deshalb eine bedingte Strafe.

* Name geändert

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