Flüchtling arbeitet sich vom Tellerwäscher zum Koch hoch
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Luzern will Mann ausschaffen:Flüchtling arbeitet sich vom Tellerwäscher zum Koch hoch

Der eritreische Koch Awet Ghebrehiwet (27) soll nach über vier Jahren in der Schweiz abgeschoben werden
Behörden stoppen Tellerwäscher-Karriere

Er arbeitet, zahlt Steuern und finanziert sich selbst. Trotzdem muss der Eritreer Awet Ghebrehiwet die Schweiz verlassen. Sein Chef Mark Wyss hat kein Verständnis dafür. Er kritisiert das Schweizer Flüchtlingssystem.
Publiziert: 25.01.2019 um 22:57 Uhr
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Aktualisiert: 29.01.2019 um 19:16 Uhr
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Awet Ghebrehiwet (27) arbeitete sich vom Tellerwäscher zum Koch hoch. Trotzdem soll der Eritreer ausgeschafft werden.
Foto: Anian Heierli
Anian Heierli
Anian HeierliReporter Zentralschweiz

Gastronom Mark Wyss (59) schüttelt den Kopf. Er ist enttäuscht vom Schweizer Flüchtlingssystem: «Kriminelle dürfen bleiben, aber hart arbeitende Menschen werden ausgeschafft.» Der Wirt ist aufgewühlt, weil ihm der Verlust eines Top-Mitarbeiters droht. Der Eritreer Awet Ghebrehiwet (27) soll raus, obwohl er täglich arbeitet.

Der junge Mann kam am 30. August 2014 in die Schweiz. Auf der Flucht riskiert er sein Leben. Mit dem Schlauchboot überquert er das Mittelmeer. Danach integriert sich Ghebrehiwet rasch. Er besucht freiwillig Deutschkurse und findet Anschluss. Später erhält er eine Arbeitserlaubnis und fängt im September 2017 im Restaurant und Bistro Pyramide in Meggen LU als Tellerwäscher an.

Sein Chef schwärmt: «Er ist motiviert und jammert nie»

Er ist fleissig, wird zu einem wichtigen Teil des Teams und darf die Ausbildung zum Koch machen. «Das war ein leichter Entscheid», sagt Wyss. Denn: «Er ist motiviert, kommt nie zu spät, erledigt seine Arbeit, hat einen sauberen Leumund und jammert nicht!»

Trotzdem gibt es in der Schweiz keinen Platz für Ghebrehiwet. «Ende Dezember hiess es plötzlich, dass ich gehen muss», sagt er zu BLICK. Viel Zeit lässt ihm das Staatssekretariat für Migration (SEM) nicht. Am Montag hätte er die Schweiz verlassen müssen. Heute ist er ein Sans-Papier.

Ghebrehiwet versteht nicht, warum: «Es gefällt mir hier gut. Die Menschen sind nett zu mir.» Er runzelt die Stirn, bevor er weiterspricht: «Ich bin doch integriert? Ich habe Schweizer Freunde und gehe zur Arbeit.» Zurück nach Eritrea will er nicht. Der fröhliche Mann kriegt panische Angst, wenn er nur daran denkt.

«Ich will nicht wieder ins Gefängnis»

Er hat Angst: «Zu Hause sterbe ich vielleicht. Oder man steckt mich für immer ins Gefängnis.» Seine Ängste sind nachvollziehbar. Als politisch Verfolgter sass er in Eritrea zwei Jahre im Knast. Eine Erfahrung, über die er nicht spricht.

Auch für seinen Chef hat der Entscheid negative Auswirkungen: «So kurzfristig finde ich keinen Ersatz.» Deshalb hatte Wyss um eine Verlängerung der Ausreisefrist ersucht. Der Antrag wurde abgelehnt.

Auf BLICK-Anfrage nimmt das SEM keine Stellung zum konkreten Fall. Äussert sich dafür aber allgemein: «Das Asylverfahren prüft die Schutzbedürftigkeit und nicht die Integration einer Person.» Man räumt aber ein, «dass eine fortgeschrittene Integration erfreulich ist und Respekt verdient». Diese sei aber kein Kriterium für die Beurteilung des Asylgesuchs.

Die Ausweisefrist von wenigen Wochen ist laut SEM nichts Ungewöhnliches. Je nach Entscheid und Verfahrensdauer kann diese auch nur wenige Tage betragen. Jetzt hat Flüchtling Ghebrehiwet noch eine letzte Möglichkeit: Er kann vor Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde einreichen.

Nun ist er auf die Nothilfe von 10 Franken im Tag angewiesen und darf nicht mehr arbeiten. Eine zwangsweise Rückführung nach Eritrea ist zurzeit nicht möglich. Das Land akzeptiert diese nicht.

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