2 Tote an Raststätte
Aussage eines Augenzeugen wirft neue Fragen auf

Ein deutsches Touristenpaar starb an der Gotthard-Raststätte. Guido Melzer sah die Todesfahrerin aufs Gas stehen.
Publiziert: 21.10.2010 um 09:25 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 16:47 Uhr
Von Sandro Inguscio und Jennifer Bucher

Der Schock sitzt ihm immer noch in den Knochen: Zufällig wird Personenschützer Guido Melzer (33) . «Im ersten Moment sah es für mich nicht nach einem Unfall aus», sagt er zu BLICK. «Sondern nach einem Amoklauf.»

Es war nachmittags nach halb vier. Ein deutscher Car auf der Rückfahrt aus Genua (I) lässt an der Autobahnraststätte seine Reisegäste aussteigen. Die Touristen gehen zum Shop rüber, als letzte ein Ehepaar – sie 76, er 79.

Gleichzeitig steigt Guido Melzer in sein Auto. «Vis-à-vis stand der silberne Subaru auf dem Behindertenparkplatz. Das Auto rollte langsam rückwärts», sagt Melzer. «Dann schaute die Lenkerin zur Seite, genau in meine Richtung. Plötzlich verzog sie das Gesicht. Und drückte voll aufs Gas.» Was ging da in ihr vor?

Am Steuer sitzt Phannee C.* (37). Eigentlich arbeitet sie als Thai-Köchin an der Asia-Ecke der Autobahnraststätte Knonaueramt bei Affoltern am Albis ZH. Seit zwei Monaten hilft sie im Seerestaurant Seedorf UR aus. Die Betriebe gehören zur selben Firma wie die Gotthard-Raststätte.

Die Thai-Köchin ist am Sonntag mit einem Firmenauto unterwegs, tankt an der Raststätte. «Sonst fährt sie immer einen geschalteten Wagen», sagt ihr Chef. «Aber am Sonntag war sie mit einem Automaten unterwegs.»

Rund 50 Meter fährt Phannee C. «Sie donnerte rückwärts über einen Randstein, knallte gegen die Wand des Tankstellenshops», schildert Augenzeuge Guido Melzer. «Dann prallte sie in die beiden Touristen. Die wurden die Fensterscheiben hochgeschleudert, fielen zu Boden. Das Auto überfuhr die beiden.»

Melzer reagiert sofort: «Ich stieg aus dem Auto, rannte zum Subaru. Das eine Opfer, der Mann, lag am Boden. Ich brachte ihn in Seitenlage. Dann rannte ich zum Auto, riss die Tür auf, ein anderer Helfer zog den Zündschlüssel heraus – sonst wäre es noch weiter gerollt.»

Die deutsche Rentnerin liegt unter dem Subaru. «Sie war im Radkasten eingeklemmt. Alleine schaffte ich es nicht, sie herauszuziehen. Wir haben zu acht den Wagen angehoben», sagt Melzer. «Aber ich sah, dass wir zu spät waren. Alles war voller Blut.» Die Eheleute aus dem Raum Mannheim (D) sterben beide am Unfallort.

Unfallverursacherin Phannee C. geht es gar nicht gut. «Es tut mir so leid», sagte sie unmittelbar nach dem Unfall zu ihrem Chef, der sie ins Spital fuhr. Da ist sie immer noch. In schlechter psychischer Verfassung.

Wie konnte es nur zu dem Todesdrama an der Raststätte kommen? Die Polizei geht davon aus, dass Thai-Köchin Phannee C. das Gas- und Bremspedal verwechselte. «Die Befragung der Lenkerin hat nicht ergeben, dass irgendeine Absicht dahintersteckt. Sie war sehr geschockt», sagt Damian Meier, Sprecher der Kantonspolizei Uri.

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