Vor knapp drei Wochen hat der Bundesrat den Lockdown beschlossen. Jetzt zeigt sich der Erfolg: Die alles entscheidende Zahl der Neuansteckungen durch bereits Infizierte (R0) ist stark zurückgegangen. Dies zeigt eine am Donnerstag aktualisierte Studie der Universität Bern.
Betrug R0 bis Mitte März noch 2,73, liegt der Wert jetzt bei 0,59. Bis zum Lockdown steckte eine infizierte Person also knapp drei weitere an. Nun ist es im Schnitt weniger als eine Person.
Spitaleinlieferungen gehen bereits zurück
Das hat dramatisch positive Auswirkungen auf die Ausbreitung der Krankheit. Die vor Wochen herumgereichten Horrorszenarien sind nicht eingetroffen. Gemäss dem Modell der Uni Bern hat die Schweiz den Peak erreicht: Bei den täglichen Todesfällen dürfte der Höhepunkt mit knapp 60 Fällen erreicht sein. Das Modell geht nun von einem Rückgang aus.
Bei den Spitaleinlieferungen wurde der Höhepunkt bereits Ende März überschritten. Dasselbe gilt für die Auslastung der Intensiv-Pflegebetten. Gemäss dem Modell dürfte das Maximum bei rund 600 belegten Intensivpflege-Betten liegen. Trifft das Modell zu, haben die Spitäler den grössten Andrang bereits hinter sich.
Zahl der Toten dürfte noch um mindestens 50 Prozent steigen
Nicht erreicht ist der Höhepunkt bei der Zahl der Toten. Gemäss dem Modell werden in der Schweiz im schlechtesten Fall insgesamt deutlich mehr als 2000 Menschen am Coronavirus sterben. Selbst im besten Fall wären es über 1500 Tote. Im wahrscheinlichsten Fall ist mit knapp 2000 Toten zu rechnen. Bis anhin starben in der Schweiz 944 Menschen an den Folgen der Lungenkrankheit. Selbst in einem günstigen Fall muss also mit einer weiteren Zunahme von mindestens 50 Prozent gerechnet werden.
Das Modell wurde vom Epidemiologen Christian Althaus entwickelt. Schon am 24. März wurde damit erste Prognosen entwickelt. Damals lagen die einzelnen Szenarien aber noch weit auseinander. Nach dem 25. März publizierte Althaus keine neuen Berechnungen mehr. Die Gründe sind nicht bekannt. Die neuen Zahlen zeigen nun, dass sich die Realität weit erfreulicher entwickelt hat, als man damals befürchten musste. Ein exponentieller Anstieg konnte verhindert werden.
Trend kann sich wieder umkehren
Althaus schreibt nach der Publikation der neusten Zahlen am Donnerstag auf Twitter, dass die Social-Distancing-Massnahmen der Schweiz offenbar Wirkung zeigten und die Reproduktionszahlen reduziert hätten. Nun stelle sich aber die Frage, wie stark man die Massnahmen ab dem 26. April lockern könne. Eine Antwort gibt Althaus nicht.
Klar ist aber, dass die erfreulichen Prognosen darauf basieren, dass die Menschen sich weiterhin an die Massnahmen halten und soziale Kontakte auf ein Minimum beschränken. Sonst kann die Ansteckungsrate wieder ansteigen. Das hätte eine Trendumkehr zur Folge.
Das Modell basiert auf der Annahme, dass die Krankheit im Schnitt 5,2 Tage nach der Ansteckung ausbricht. In den tödlichen Fällen erliegt der Patient durchschnittlich nach 20 Tagen der Krankheit. Die Todesrate liegt bei 1,2 Prozent, rund 5 Prozent der Infizierten müssen ins Spital. Patienten mit mildem Verlauf bleiben eine Woche im Spital, jene mit schwerem zwei Wochen.
Auch global entwickeln sich die Zahlen in die richtige Richtung. In den meisten Ländern ist die Zahl der Neuansteckungen rückläufig, wie Zahlen der Johns Hopkins Universität zeigen. Selbst in den USA wurde der steile Anstieg inzwischen gebrochen.