Wochenlang 40 Grad und kaum Regen
So schlimm war der Glutsommer von 1540

Ausgetrocknete Flüsse, schlimme Waldbrände, eine Stadt in Schutt und Asche und ein Pöbel, der die Sündenböcke hängen sehen will. Das sind die grausamen Folgen der Bruthitze von 1540. Und solche Dürre-Katastrophen könnten uns immer öfter drohen.
Publiziert: 03.07.2014 um 21:34 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 18:50 Uhr
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Im Super-Hitzesommer 1540 konnte die Insel Lindau auf dem Bodensee zu Fuss erreicht werden.
Foto: Keystone
Von Céline Trachsel

Im historischen Mega-Rekordsommer 1540 konnte der Rhein teilweise zu Fuss durchschritten werden. Der Wasserstand sank auf nur gerade 10 Prozent der normalen Abflussmenge. Zum Vergleich: Im Hitzesommer 2003 führte er noch 63 Prozent seiner üblichen Wassermenge.

1540 regnete es elf Monate lang kaum. Der Bodensee trocknete soweit aus, dass die Menschen damals trockenen Fusses auf die Insel Lindau kamen. Die Felder verkümmerten und das Vieh starb. Der Juli sei gar «bis an sein Ende glühend und schrecklich» gewesen, hielt ein Elsässer Weinbauer damals fest.

Dass der Hitzesommer im Mittelalter wesentlich schlimmer war als «unser» Rekordjahr 2003, das haben die zwei Berner Klimaforscher Christian Pfister und Olivier Wetter nun bewiesen. Die beiden Forscher vom Oeschger-Zentrum für Klimaforschung (OCCR) der Uni Bern publizierten auf dem Online-Portal «Climatic Change» eine Studie mit internationaler Beteiligung 30 Co-Autoren aus ganz Europa. Bisher glaubte die Wissenschaft, der Hitzesommer 2003 sei der heisseste seit 1370 gewesen. «Wir wollten die beiden Jahre nicht gegeneinander ausspielen», sagt Olivier Wetter. «Erst nach und nach konnten wir fassen, wie extrem das Ereignis 1540 war.»

Wochenlang 40 Grad warm

Zwei bis drei Millionen Quadratkilometer Europas waren von einer elfmonatigen Megadürre heimgesucht. Es ist Europas grösste Naturkatastrophe seit Menschgedenken. So lange war es in Europa noch nie so trocken. Im Jahr 1540 hat es in den ersten drei Märztagen letztmals geschneit, danach fiel kaum mehr Regen oder Schnee – bis in den Dezember hinein.

Zudem war der Sommer 1540 extrem heiss. Allerdings war das Thermometer noch nicht erfunden. «Wir gehen aber davon aus, dass die Temperaturen an manchen Tagen die 40-Grad-Grenze erreicht haben», sagt Wetter. Sogar Oktober bis Dezember blieb es frühlingshaft warm. Der Dürrestress führte zu einem vorzeitigen Blattfall der Reben und die Beeren verschrumpelten. «Der Wein hatte soviel Zucker und Alkohol, dass er hoch konserviert war. Man konnte den Jahrgang bis ins 19. Jahrhundert noch trinken», sagt der Berner Forscher.

Sündenböcke mussten her

Auch Wald- und Siedlungsbrände suchten die geplagte Bevölkerung heim. Die Deutsche Stadt Einbeck ist sogar komplett abgebrannt. Leuten aus der Unterschicht lastete man an, dass sie die Brände extra gelegt hätten – im Auftrag von Staatsfeinden. Die «Mord-Brenner», wie man ihnen sagte, wurden gefoltert und hingerichtet. «Man hat einfach einen Sündenbock gesucht», so Olivier Wetter. «Einbeck war keine Brandstiftung. Bei diesen extrem trockenen Bedingungen reichte ein Funke aus, um einen verheerenden Brand auszulösen.»

Europa drohen weitere Rekord-Hitzesommer

Wer oder was verantwortlich war für die Superdürre, ist unklar. «Ein Azorenhoch könnte sich über Zentraleuropa ausgebreitet haben und dort geblieben sein», sagt Olivier Wetter. Es hätte sich vielleicht selber verstärkt durch die Trockenheit. «Aber der genauen Grund für die Dürre würden wir in einem nächsten Schritt gerne ermitteln, wenn wir noch genügend zuverlässige Daten aus dieser Zeit erhalten.»

Immerhin: Die Superhitze war einmalig und damals wohl kaum menschgemacht. «Unsere Studie hat gezeigt, dass es solche Anomalien immer schon gab. Das ist allerdings kein Argument gegen die vom Menschen verursachten Klimaveränderungen», betont Oliver Wetter.

Ein Klimawandel kann abgelesen werden, wenn solche Extremereignisse in immer kürzeren Abständen auftreten. «Und die IPCC sagt mehr solche voraus», erklärt Olivier Wetter. Er glaubt: «Der Hitzesommer 1540 könnte ein Beispiel dafür sein, was uns in Zukunft erwarten dürfte.» (ct)

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