Die neu getroffenen Regelungen des Bundesrats haben massive Auswirkungen auf unser Sozialleben – und die Anbieter. Wo sonst gefeiert, gegessen und Geld ausgegeben wird, fehlen die Gäste. Die betroffenen Betreiber stehen vor Liquiditätsproblemen, teilweise vor Existenzängsten oder gar dem Konkurs.
Wirte in der ganzen Schweiz in Liquiditäts-Sorgen
«Seit dem Ausbruch des Virus nehmen die Annullationen in der Gastronomie kein Ende, und die Umsätze fallen ins Bodenlose», schreibt Gastro Luzern in einer aktuellen Medienmitteilung. In der Branche hätten viele noch nie dagewesene Liquiditätssorgen.
«Ich befürchte, die Regelung des Bundesrats geht auf die Kosten von uns Kleinen», sagt Stephan Münger (48), Inhaber des Restaurants Capo's Burgers in Wil SG. Mit bis zu 75 Gästen, die gleichzeitig im Lokal sind, ist er einer der Hauptbetroffenen. «Eine Beschränkung auf 50 Gäste gleichzeitig ist für mich mit einer enormen Umsatzeinbusse verbunden», so Münger. Auch die Vorstellung, Gäste an der Türe abweisen zu müssen, erschaudert Münger. Er ist der Meinung, dass es keine Rolle spiele, ob nun 40 oder 60 Gäste gleichzeitig anwesend seien, eine Ansteckungsgefahr bestehe immer, wenn Leute beieinandersitzen.
Der Arbeitgeberverband Gastro Suisse bezeichnet die Massnahmen als extrem einschneidend. «Sie treffen das Gastgewerbe in aller Härte», sagt Präsident Casimir Platzer. «Die nächsten Wochen werden über die Existenz zahlreicher Betriebe entscheiden.» Er würdigt aber die Bereitschaft des Bundesrats, finanzielle Soforthilfe zu leisten. «Es ist zwingend, dass die Gelder schnell und unbürokratisch fliessen», so Platzer.
Berner und Zürcher Nachtleben tot
«Wir begrüssen es, dass der Bundesrat zur Klarheit beigetragen hat», sagt Alexander Bücheli, Mediensprecher der Schweizer Bar und Club Kommission (SBCK). Das bedeute aber, dass Zürich nun de facto kein Nachtleben mehr habe. «Wenn der Cashflow zum Erliegen kommt, kann das für kleine wie auch grosse Betriebe den Konkurs bedeuten – aber wir kämpfen für jeden Arbeitsplatz.»
Im Berner Nachtleben geht ebenfalls fast gar nichts mehr. «Wir haben fast alle geschlossen», sagt Max Reichen, Co-Präsident der Berner Bar- und Clubkommission (BuCK). «Nur Hybrid-Formate, also eine Kombination von Bar- und Club-Betrieb, sind noch offen und beschränken die Eintritte.» Ein Wochenende zu schliessen, tue bereits weh. «Bei zwei Wochenenden stehen die Hälfte der Betreiber vor Existenzproblemen. Jetzt, wo die Schliessung länger dauern wird, dürften dies das Aus für mehrere Clubs sein.»
Stosszeitenregelung in Fitnesscentern möglich
«Man muss mit temporären Schliessungen von Fitnesscentern rechnen», sagt Roger Erni, Geschäftsführer von IG Fitness Schweiz, gegenüber BLICK. «Die Führungspersonen werden kein ruhiges Wochenende erleben. Es muss analysiert werden, wie wir die Weisungen umsetzen können.»
Für Claude Ammann vom Schweizerischen Gesundheitscenter- und Fitnessverband stehen kreative Lösungen im Vordergrund. «Denkbar sind Stosszeitenregelungen mit beschränktem Zugang. Also dass nur ein neuer Besucher rein darf, wenn ein anderer das Fitness verlässt.»
Züri-Zoo geschlossen, Tiere werden versorgt
Der Zoo Zürich schliesst ab Samstag ist auf unbestimmte Zeit für alle Besucher. «Die Versorgung der Tiere ist jederzeit gewährleistet», teilt der Zoo mit.
Beim Basler Zolli gibts lediglich Einschränkungen: Die Tierhäuser bleiben zu, das bediente Restaurant wird geschlossen, und beim Selbstbedienungsrestaurant gibts Eintrittsregeln. Die öffentlichen Fütterungen finden nicht mehr statt. Doch das Flanieren zwischen den Gehegen ist weiterhin möglich. «Dort, wo sich Leute sammeln, werden die Angebote eingestellt», fasst Zolli-Sprecherin Tanja Dietrich zusammen, «aber wir versuchen das Beste aus der Situation zu machen.»
Technorama in Schock, Säntispark entscheidet noch
Ob der Betrieb in der Bäderwelt Säntispark in Abtwil SG eingestellt wird und die Fitnesszentren der Migros geschlossen werden, kann die Migros derzeit nicht beantworten. «Wir müssen die angekündigten Verschärfungen zuerst analysieren», heisst es. Nicht erreichbar ist das Alpamare. Der Betrieb ist eingestellt – jedoch aufgrund von Umbauarbeiten.
Das Erlebnismuseum Technorama in Winterthur ZH dagegen schliesst seine Türen. «Wir stellen den Betrieb bis 30. April ein», sagt Sprecher Roy Schedler zu BLICK. «Die Massnahmen sind für uns ein Schock, gerade aus wirtschaftlicher Sicht.» Man werde sich informieren, welche Unterstützung Kulturinstitutionen erhalten. «41 Tage bleibt das Technorama zu. Das ist massiv.»
Anders als das Technorama führt das Verkehrshaus Luzern den Betrieb fort. «Der grosse Aussenbereich und die grosszügigen Hallen erlauben es uns, die behördlichen Auflagen einzuhalten», sagt Direktor Martin Bütikofer zu BLICK. Über Nacht kehrte Vernunft ein. Am Samstag heisst es auf der Webseite: «Das Verkehrshaus der Schweiz bleibt bis auf weiteres geschlossen.»
Skigebiete beenden Saison vorzeitig
Erste Skigebiete beenden die Saison vorzeitig, etwa Meiringen-Hasliberg oder die SkiArena Andermatt-Sedrun. Letztere sieht sich gezwungen, den Betrieb sofort einzustellen. Sprecher Stefan Kern: «Wir bedauern diesen Entscheid.» Nächste Woche werde über Rückerstattungen informiert. Andere werden nachziehen müssen. Das Veranstaltungsverbot bedeute «die Schliessung für die Skigebiete», sagte Bundesrat Berset bei der Ankündigung der Massnahme.
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