Die Niederlage der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) steht kurz bevor. Donald Trump (72) forderte die europäischen Verbündeten vergangenes Wochenende deshalb dazu auf, Hunderte von gefangenen IS-Kämpfern zurückzunehmen – ansonsten seien die USA gezwungen, die Dschihadisten auf freien Fuss zu setzen.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter (55) reagierte diese Woche in einem Interview mit Radio RTS skeptisch auf diese Forderung. Die Sicherheit der Schweizer Bevölkerung gehe vor. Sie würde es deshalb bevorzugen, wenn die gefangenen IS-Krieger mit Schweizer Pass vor Ort beurteilt würden. Seither wird über den richtigen Umgang mit Schweizer IS-Sympathisanten diskutiert. SonntagsBlick beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema:
1. Wie viele Leute sind aus der Schweiz in den Dschihad gereist?
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) registrierte seit 2001
93 Dschihad-Reisende mit Bezug zur Schweiz. Ein Drittel davon,
31 Personen, hat den Schweizer Pass. Davon sind wiederum
18 Doppelbürger. Nicht berücksichtigt in dieser Statistik sind Kinder unter zwölf Jahren, die mit ihren Eltern nach Syrien und in den Irak gereist sind. Der NDB geht davon aus, dass mehr als zwanzig Kinder von dieser Problematik betroffen sind, sechs davon mit Schweizer Bürgerrecht.
2. Wo sind die Dschihad-Reisenden mit Schweiz-Bezug heute?
33 sind im Konfliktgebiet gestorben, 16 in die Schweiz zurückgekehrt. Seit August 2016 hat der NDB allerdings keine Rückkehrer mehr verzeichnet. Eine Rückkehr in die Schweiz kommt ohnehin nur bei jenen Dschihad-Reisenden infrage, die einen Schweizer Pass haben. Der NDB geht davon aus, dass sich aktuell rund zwanzig Personen (Männer, Frauen und Kinder) mit Schweizer Bürgerrecht im syrisch-irakischen Konfliktgebiet aufhalten.
3. Was ist mit den Rückkehrern passiert?
Alle bestätigten Rückkehrer waren oder sind Gegenstand von Straf-verfahren der Bundesanwaltschaft (BA), mit Ausnahme der Minderjährigen. Abgeschlossen wurde jedoch erst ein Verfahren, ein anderes wurde eingestellt. Insgesamt sind im Bereich des dschihadistisch motivierten Terrorismus rund 60 Strafverfahren hängig. Meist geht es dabei um die mutmassliche propagandistische Unterstützung von Terrororganisationen. Unter welchen Auflagen sich die Rückkehrer in der Schweiz bewegen können, behält die BA «aus ermittlungstaktischen Gründen» für sich.
4. Was passiert mit den Schweizer Staatsangehörigen, die noch im Konfliktgebiet sind?
Dazu haben die betroffenen Departemente des Bundes (VBS, EDA und EJPD) ein Dokument erarbeitet, das nun vom Sicherheitsausschuss des Bundesrats behandelt wird. Letzterer wird sich dann gemäss NDB «zu gegebener Zeit» zu dem Thema äussern.
5. Wieso wird den Schweizer Dschihad-Reisenden nicht einfach der Pass weggenommen?
In einigen Fällen steht das zur Diskussion, allerdings nur bei Doppelbürgern. Ein entsprechendes Verfahren ist hängig, einige wenige werden gemäss NDB geprüft. Ein weiteres Verfahren wurde jedoch bereits sistiert.