Will notfalls bis zum Tod hungern: Peter Hans Kneubühl, im Bild während des Prozesses im Januar 2013.
Foto: Peter Gerber

Wie gefährlich ist der Amok-Rentner?
Experten-Streit am Kneubühl-Prozess

Das Amt für Justizvollzug hat den Antrag gestellt, den Amok-Rentner Peter Hans Kneubühl zu verwahren. Vor Gericht kam es zum Showdown zwischen zwei Gutachtern. Der Angeklagte selbst war nicht vor Ort.
Publiziert: 05.03.2020 um 20:11 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2021 um 07:54 Uhr
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Peter Kneubühl (76) wird verwahrt.
Foto: SANDRO CAMPARDO
Beat Michel

Wie gefährlich ist der Rentner Peter Hans Kneubühl (76)? Am Donnerstag drehte sich am Prozess am Regionalgericht in Biel alles um die Frage, ob der Sonderling verwahrt werden soll. Die Meinung der Experten könnten unterschiedlicher nicht sein.

Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bern sieht in dem Rentner, der im Moment in Sicherheitshaft steckt und nicht an den Prozess kommen wollte, keine Gefahr für die Öffentlichkeit. Professor Werner Strik hat Peter Hans Kneubühl über die sechs Monate, die er in seiner Institution verbracht hatte, persönlich mehrmals getroffen.

Nur unter speziellen Vorzeichen gefährlich

«Wir haben ihn intensiv beobachtet», sagt er. «Wir schätzen ihn nur unter bestimmten Situationen als gefährlich ein. Nämlich, wenn er in die Enge getrieben wird, wie das bei der Zwangsräumung im 2010 passiert ist», sagt der Experte.

Schizoide Persönlichkeitsstörung

«Mir gegenüber relativierte Kneubühl die extremen Ansichten, die er in seinem Tagebuch niederschreibt», sagt Strik. Er glaubt an eine Schizoide Persönlichkeitsstörung. Das heisst, es ist ein Mensch, der sich am liebsten von allem zurückzieht. «Ohne den Vorfall wäre Kneubühl vielleicht noch immer der Sonderling, der niemandem etwas antut.

Das Gutachten des forensischen Psychiaters Elmar Habermeyer sieht Kneubühl in einem ganz anderen Licht. Vor Gericht sagt der Experte, dass ein weiterer Gewaltausbruch sehr wohl passieren könnte. Jeder Stress mit Behörden könnte ein Auslöser sein.

Hohe Rückfallgefahr

Auch die Käufer des zwangsversteigerten Elternhauses seien in Gefahr. Sie haben das Haus stark verändert. Ein weiterer Auslöser könnte die Einrichtung einer Beistandsschaft sein. Die Rückfallgefahr sei gross. Probleme seien vorprogrammiert, falls Kneubühl in die Freiheit entlassen wird. Zudem habe man sein Gewehr noch immer nicht gefunden.

Engel auf Grab seiner Mutter

Alles, was Kneubühl aufnimmt, interpretiere er als Feindbild. Überwachungskameras in einer Bank, Tierspuren um sein Haus. Frauenparkplätze, die #MeToo-Bewegung, oder Feminismus ganz im allgemeinen. Alles wurde erfunden, nur um ihm zu schaden. Sogar der Engel auf dem Grab seiner Mutter sieht er als Zeichen einer Bedrohung.

Die Staatsanwaltschaft steht hinter dem Gutachten von Elmar Habermeyer. Er wirft Professor Werner Strik vor, durch die Behandlung von Kneubühl die Distanz verloren zu haben. Der Staatsanwalt sagt, Kneubühl sei keine harmlose Person. Sondern jemand, der zu einem weiteren brutalen Angriff bereit ist. Wegen der Schwere und Dauer der Störung fordert auch er die Verwahrung.

Verteidigung will Haftentlassung

Die Verteidigung von Peter Hans Kneubühl fordert nichts Geringeres als Haftentlassung. Die Verwahrung sei abzulehnen und sein Mandant sei aus der Sicherheitshaft zu entlassen. Die wahnhaften Störung bestätige ja nicht einmal der Klinikdirektor. Die Verteidigung zweifelt das Gutachten von Elmar Habermeyer an. Die Situation mit der Zwangsräumung wird es nicht mehr geben. Er habe ja kein Haus mehr.

In zehn Jahren Haft habe sich Kneubühl immer wieder angepasst. Es gab viele Zwangsmassnahmen. Er fand sie zwar alle ungerecht. Trotzdem sei er nie gewalttätig geworden.

Das Urteil erfolgt morgen Freitag um 14 Uhr.

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