Sie chattete mit dem Tinder-Schwindler
2:06
Ein Betrüger par excellence:Sie chattete mit dem Tinder-Schwindler

Wie ein weltweit gesuchter Betrüger versuchte, unsere Redaktorin anzulocken
Nicht mit mir, du Tinder-Schwindler!

Shimon Hayut ist auf der Flucht. 
Er soll mehrere Frauen um ihr Geld 
betrogen haben. Unsere Redaktorin liess sich von seinem protzigen Auftritt nicht blenden.
Publiziert: 16.03.2019 um 23:41 Uhr
|
Aktualisiert: 29.11.2019 um 14:53 Uhr
1/10
SonntagsBlick-Redaktorin Dafina Eshrefi blieb bis zuletzt skeptisch und sagte zwei Vorschläge für Treffen in Zürich ab.
Foto: zVg
Dafina Eshrefi

Wenn man als alleinerziehende Mutter im 21. Jahrhundert einen Mann kennenlernen möchte, bieten sich dafür durchaus skurrile Möglichkeiten.
Nach mehr als fünf Jahren Zölibat hatte ich beschlossen: Geben wir dem Schicksal eine Chance – probieren wir es mit Onlinedating!

Das klingt zwar so attraktiv wie eine Burka in der Sauna – aber immerhin können einem Typen in der virtuellen Welt körperlich nicht zu nahe kommen. Alles im grünen Bereich also.

Mithilfe meines jüngsten Bruders, der sich das Kichern nicht verkneifen konnte, eröffnete ich ein Profil auf Tinder.

Wenn Sie zu den seltenen Erdenbewohnern gehören, die noch nie etwas von diesem «Zünder» gehört haben: Gratulation! Sie führen ein glückliches und erfülltes Leben, haben mindestens einmal in der ­Woche wilden, hemmungslosen Sex und begleiten Ihre Kinder an die Klima-Demos.

Alle anderen, aufgepasst: Auf Tinder lädt jeder Bilder von sich hoch, und das Loswischen Richtung Traumpartner kann beginnen. Wisch nach links: Bleib mir fern. Wisch nach rechts: Noch so gern. Wenn zwei Tinder-Menschen einander nach rechts gewischt haben, gilt das als sogenannter Match. Das heisst, dass der Mann seiner Auserwählten schreiben darf – ich schreib doch nicht als ­Erste!

Mir gefiel nur jeder 956. Typ. Halbwegs.

Unter meinen Matches gab es auch einen assimilierten Albaner, der sich als Franzose fühlt. Als ich ihn wissen liess, dass ich an Allah glaube und fünfmal täglich bete, passte ihm das nicht. Er forderte mich unmissverständlich auf, ­Europa gefälligst zu verlassen und mich zu den Arabern zu verziehen.

Der islamophobe Möchtegern-Franzose wurde geblockt. Zusammen mit allen anderen Typen, die mich als «sexy Mama» bezeichneten, nachdem ich ihnen als Erstes mitteilte, dass ich Kinder habe.

Der charmante Schwindler

Einer, der sehr charmant und anständig blieb, war Simon. Er präsentierte sich in seinen Bewegt­bildern als reicher Jetsetter – mit ­­ Privatflugzeugen und Ferraris.

Der arme reiche Milliardär hatte bestimmt genug von all den oberflächlichen Frauen, die es nur auf sein Geld abgesehen hatten! Bestimmt war er auf der Suche nach der wahren Liebe!

Keine Frage also: Den ­wische ich nach rechts!

Um mich auf das Treffen mit ­Simon vorzubereiten, dem israe­lischen Diamantenhändler, recherchierte ich intensiv über das Edelsteingeschäft. Wer weiss, welcher Zünder sich da entflammen liesse! Wenn eine muslimische Schweiz-­Albanerin und ein einflussreicher, milliardenschwerer Israeli mit geballter Kraft im Sinne des Weltfriedens zusammenarbeiten – vielleicht entstünde sogar eine ernsthafte Beziehung daraus!

Simon zeigte Interesse und wirkte authentisch. Und es kam noch besser: Auch er sei alleinerziehend. Seine Tochter sei erst zweieinhalb und lebe bei der Mama.

Welch glückliche Fügung!

«Riecht nach einem kalten Furz!»

Wir schrieben uns sporadisch, wobei er mich sehr kurzfristig zwei Mal in Zürich treffen wollte. Ich musste beide Male absagen. So spontan geht das natürlich nicht mit drei kleinen Kindern und zwei Büsis zu Hause. Als ich ihm anbot, einen Termin zu vereinbaren, meinte er nur, dass er sein Leben nicht plane, sondern von Tag zu Tag lebe.

Er werde sich wieder melden, wenn er das nächste Mal in Zürich sei.

Ich erzählte meiner Mutter von dem mysteriösen Edelsteinhändler, der mich treffen wollte. Sie meinte nur trocken: «Riecht nach einem kalten Furz!»

Sie sollte recht behalten. Simon war ein Schwindler! Denn wer kam für seinen luxuriösen Lebensstil auf? Seine vielen Tinder-Bekanntschaften!

Zunächst blendete Simon sie mit angeblichen Flügen in seinem Privatflugzeug und teuren Abendessen in London. Später forderte er sie auf, ihm Geld zu zahlen. Für Beteiligungen und Investitionen in Firmen. Wollten die Frauen nicht bar zahlen, durften sie auch ihre Kreditkartennummer angeben.

Als ich das in den Nachrichten las, musste ich laut lachen. Simon, der eigentlich Shimon Hayut heisst, hätte problemlos meine Prepaid-Kreditkarte haben können, die ist nämlich nur so viel wert, wie man vorher drauf gezahlt hat. Meistens exakt 20 Franken für meinen Netflix-­Account.

Und selbst wenn ich Geld hätte investieren wollen, so wäre kein Rappen geflossen, ohne dass ich vorher sichergestellt hätte, dass es sich um eine islamkonforme Investition handelt. Weltweit Frauen Geld abzuknöpfen, um selbst ein ­Leben in Saus und Braus zu führen, gehört definitiv nicht dazu.

Ein Betrüger par excellence

Um an unsere Redaktorin heranzukommen, gab sich
Shimon Hayut (28) als 36-jähriger alleinerziehender Vater und
milliardenschwerer Diamantenhändler aus. Er sei der Sohn des russischen Milliardärs Lew Lewiew und hatte dessen
Nachnamen angenommen. Seine Opfer suchte er weltweit auf der ­Dating-App Tinder aus.
Zunächst lud er die Dates in seinen Privatjet und zu teuren Dinners ein, um ihr Vertrauen zu gewinnen.
Schliesslich forderte er sie auf, ihm Geld zu leihen; er gab vor, es in Firmen investieren zu wollen.
Aus den ergaunerten Summen und mit den Kreditkarten seiner Opfer finanzierte er sein luxuriöses Leben.
Nun ist er auf der Flucht und wird weltweit gesucht.

Um an unsere Redaktorin heranzukommen, gab sich
Shimon Hayut (28) als 36-jähriger alleinerziehender Vater und
milliardenschwerer Diamantenhändler aus. Er sei der Sohn des russischen Milliardärs Lew Lewiew und hatte dessen
Nachnamen angenommen. Seine Opfer suchte er weltweit auf der ­Dating-App Tinder aus.
Zunächst lud er die Dates in seinen Privatjet und zu teuren Dinners ein, um ihr Vertrauen zu gewinnen.
Schliesslich forderte er sie auf, ihm Geld zu leihen; er gab vor, es in Firmen investieren zu wollen.
Aus den ergaunerten Summen und mit den Kreditkarten seiner Opfer finanzierte er sein luxuriöses Leben.
Nun ist er auf der Flucht und wird weltweit gesucht.

Fehler gefunden? Jetzt melden