Christian Rieder (40, die Mitte), der Talratspräsident des Lötschentals, steht auf dem immer noch riesigen Schuttkegel des Tännbachs zwischen den Gemeinden Wiler und Blatten im Lötschental VS. Grundsätzliche Aufgabe des Talratspräsidenten ist es, die gemeinsamen Anliegen der vier Lötschentaler Gemeinden gegenüber der Kantonsregierung in Sion zu vertreten.
Rieders Gefühle an diesem Dienstagnachmittag sind dabei gemischt. Er ist einerseits erleichtert, dass vergangene Woche am Tännbach nicht Schlimmeres passiert ist. Verärgert ist er andererseits, weil dabei sehr viel Glück im Spiel war. «Wenn sich hier nicht etwas ändert, ist plötzlich noch jemand tot!», sagt er zu Blick.
Innert Minuten
Am letzten Donnerstag donnerten am Tännbach innert weniger Minuten Hunderte Kubikmeter Schlamm und Geröll über die Talstrasse. 13 Meter hoch liegt der Schutt. Das Dorf Blatten ist von der Aussenwelt abgeschnitten, fast drei Tage lang! Erst am Sonntag geht die Strasse wieder auf.
Die Regenfälle, die den gewaltigen Murgang auslösen, dauern nicht einmal eine Stunde. «Innert kurzer Zeit kann sich die Situation so ändern, dass für die Menschen auf der Strasse Lebensgefahr besteht», hält Rieder fest. Denn ein Warnsystem oder Ähnliches gibt es nicht. Etwas, das sich dringend ändern muss, finden neben dem Talratspräsidenten auch die Gemeindepräsidenten von Wiler und Blatten. «Wenn sich jemand auf der Strasse befindet, wenn ein Murgang kommt, endet das in einer Katastrophe. Egal, ob die Personen zu Fuss, in einem Auto oder in einem Postcar unterwegs sind», sagt Rieder und fügt an: «Gegen diesen Murgang hat man keine Chance.»
Nicht das erste Mal
Situativ kommen die Murgänge am Tännbach schnell und überraschend. Dass der Bach grundsätzlich gefährlich ist, weiss man hingegen. Innert 14 Monaten wurde die Talstrasse am Tännbach dreimal überspült und verschüttet! Personen kamen zwar keine zu Schaden – aber nur, weil gerade kein Auto im Gebiet unterwegs war. «Reine Glückssache», betont Rieder.
Nach den Murgängen der letzten Monate waren auch Experten des Kantons von verschiedenen Dienststellen vor Ort. Sie haben den Bach unter die Lupe genommen. «Gemacht wurde aber nichts», ärgert sich der Talratspräsident.
Am Montagabend haben sich Rieder und die betroffenen Gemeindepräsidenten mit den zuständigen Staatsräten getroffen, um ihre Forderungen nach mehr Sicherheit nochmals zu unterstreichen. «Wir wollen ein automatisiertes Ampelsystem, eine massive Vertiefung des Bachbetts und falls möglich, hangsichernde Massnahmen, die die Murgänge an der Quelle verhindern sollen.» All das soll möglichst rasch umgesetzt werden, vor allem das Ampelsystem, das die Strasse bei Gefahr automatisch sperrt.
Skepsis bleibt
Das Treffen mit den Regierungsvertretern bezeichnet Rieder als «konstruktiv». Die Staatsräte hätten den Forderungen grundsätzlich zugestimmt. Doch in Butter ist für den Lötschentaler Talratspräsidenten damit noch längst nicht alles. «Eine Zusage der Regierung ist wichtig. Wichtig ist aber auch, dass die Dienststellen die Angelegenheit mit hoher Priorität behandeln.»
Das war bis jetzt nicht der Fall, weshalb Rieder skeptisch bleibt. Er sagt: «Es braucht mehr als Lippenbekenntnisse, sonst bleibt der Tännbach ein Risiko für alle.»