Für gewöhnlich leben sie in Küstennähe. Doch Skorpione verirren sich immer häufiger in höher gelegene Gebiete. Ein Exemplar eines schwarz-gelben Euscorpius flavicaudisle schaffte es bis nach La Chaux-de-Fonds NE. Mit 1000 Metern über Meer eine der höchstgelegenen Städte Europas.
Es war bei den Getreidesilos an der Avenue Léopold-Robert Mitte September. Rund 700 Personen besuchten an jenem Tag den auffallenden Industriebau aus dem 20. Jahrhundert. Neben der Architektur stach Nicole Froidevaux aber noch etwas anderes ins Augen: Auf dem Steinboden sass ein Skorpion. «Man hat seinen Schwanz gut gesehen und wenn man sich näherte, reagierte er.» Froidevaux bedauert es, dass sie kein Foto gemacht hat. «Die Zeit mich von meinen Begleitern zu verabschieden hat gereicht – und schon war der Skorpion weg», sagt die Archäologin zu «Le Matin».
Dass mediterrane Skorpionarten in neue Regionen vordringen, ist allgemein bekannt. Auch in Serrières NE, Thielle-Wavre NE und im Rhonetal VS seien schon Skorpione mit gelbem Schwanz gesichtet worden. Auf 1000 Metern einen anzutreffen, kommt aber auch für Blaise Mulhauser, Direktor des Botanischen Gartens Neuenburg, überraschend. «Die Bodentemperatur ist kritischer als die der Luft», so Mulhauser. Im gefrorenen Boden fänden die Tiere keine Zuflucht.
Der Direktor des Botanischen Gartens macht sich denn auch mehr Sorgen um den Skorpion als um die Bevölkerung in La Chaux-de-Fonds. «Sein Stich ist mit dem einer Wespe vergleichbar. Er ist schmerzhaft – erst recht für Allergiker.» Barfuss sollte man sich daher nicht mit ihm anlegen. Grundsätzlich suche der Skorpion aber keinen Streit.
«Er lebt versteckt und hats auf Insekten abgesehen - nur manchmal greift er kleine Nagetiere an.» (mad)