Es sind schwer zu ertragende Bilder aus dem Schlachthof in Moudon VD: Metzger treiben Schafe im Schlachtraum vor sich her, versuchen, sie mit der Betäubungszange zu erwischen. Bei einem Tier muss der Stromstoss viermal wiederholt werden, bis es regungslos umkippt. Ein Kalb ist gar nicht richtig betäubt, als ihm der Metzger die Kehle aufschneidet, es zuckt noch und wehrt sich. Ein anderes Kälbchen schaut zu, erkennt vielleicht, dass ihm in wenigen Sekunden dasselbe widerfahren wird.
Ebenso gnadenlos geht es in Avenches VD zu und her: Schafe und Ziegen werden an Beinen in den Raum gezerrt, in dem sie sterben sollen. Eine Geiss entkommt über ein Gitter, doch es wird einfach wieder an den Füssen darübergehievt. Die Tiere sind gestresst, versuchen alles, um auf dem rutschigen Boden dem Metzger zu entkommen, während daneben ihre toten Artgenossen hängen.
Keine Angaben zur Herkunft der Aufnahmen
Die Aufnahmen publizierte die Tierschutzorganisation Pour l'Égalité Animale (PEA). «Wir haben das Videomaterial anonym per Post erhalten», behauptet PEA-Mediensprecher Fabien Truffer. Das Rohmaterial mit rund zehn Tagen Aufnahmezeit habe seine Organisation dann zusammengeschnitten.
Die Videos sorgten in der Westschweizer Presse Anfang Jahr schon für Furore. Doch erst jetzt hat die Tierschutzorganisation Tier im Recht (TIR) eine Strafanzeige gegen die beiden Schlachthöfe gemacht. «Denn trotz Diskussion in den Zeitungen war nie klar, ob nun auch strafrechtlich gegen die beiden Schlachthöfe vorgegangen wird», sagt Christine Künzli, stellvertretende TIR-Geschäftsleiterin. «Weil auch die Staatsanwaltschaft keine Auskunft geben wollte, haben wir nun Anzeige eingereicht.» Offenbar habe aber auch schon das Veterinäramt Mängel festgestellt und Anzeige erstattet.
«Viel zu grober Umgang»
Die beiden Videos seien zwar schockierend. «Aber man muss das Bildmaterial differenziert analysieren, denn nicht alle Handlungen, die gezeigt werden, verstossen gegen das Tierschutzgesetz. Das Betäuben und Ausblutenlassen der Tiere mittels Kehlschnitt gehört zum Schlachtablauf», sagt Künzli. Verstösse gebe es in Moudon und Avenches vor allem beim Umgang mit den Tieren. «Dieses viel zu grobe Schubsen und Reissen ist unverhältnismässig und entspricht nicht dem schonenden Umgang, wie er im Tierschutzgesetz gefordert wird.»
«Auch der technische Umgang mit dem Betäubungsgerät ist zu kritisieren», sagt Künzli. «Das mehrfache Ansetzen der Betäubungszange ist unprofessionell und erhöht das Risiko für Fehlbetäubungen.» Manche Tiere würden zu wenig lange betäubt, zwei Kälber waren beim Ausbluten vermutlich noch bei vollem Bewusstsein. «Da werden Leiden und Ängste bei den Tieren verursacht, die nicht nötig wären.» Der Schlachtvorgang sei immer ein Stress für die Tiere, so Künzli, «aber hier wurden Grenzen überschritten».
«Alle Schlachthöfe schliessen!»
Tier im Recht erhofft sich vom Strafverfahren, dass geklärt wird, ob die Mitarbeiter für die Verstösse verantwortlich sind oder ob es sich bei den Vorkommnissen in den beiden Schlachthöfen um strukturelle Probleme handelt, die dem jeweiligen Betreiber zugerechnet werden müssen.
PEA dagegen wünscht sich, dass beide Schlachthöfe geschlossen werden. Truffer: «Oder noch besser: dass alle Schlachthöfe in der Schweiz geschlossen werden. Denn der grösste Gewaltakt am Tier ist ja nicht die Betäubung oder alles Vorangegangene, sondern die Tötung.»
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