Streit, Schweiz-Gemotze und Heulkrämpfe am Klimagipfel in Lausanne
Riesen-Zoff unter den Greta-Jüngern

Die Klima-Teenies wollen zusammen mit ihrem Idol Greta von Lausanne aus die Welt retten. Nur: Die einen wollen arbeiten, die anderen über Gefühle reden. Auch am Veranstaltungsort Schweiz haben Klimagipfel-Teilnehmer was auszusetzen.
Publiziert: 07.08.2019 um 17:59 Uhr
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Aktualisiert: 09.08.2019 um 20:55 Uhr
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Die europäische Klimajugend musste sich am dritten Gipfeltag mit Problemen beschäftigen, die sie hoffte, nie zu haben.
Foto: Fabienne Kinzelmann
Fabienne Kinzelmann

Schon am dritten Tag liegen bei den Klima-Teenies die Nerven blank. Die Unzufriedenheit unter den Teilnehmern des «Smile for Future»-Klimagipfels in Lausanne ist förmlich zu spüren. Journalisten werden gebeten, den Raum zu verlassen. Die europäische Klimajugend will unter sich sein, wenn sie sich zofft und über ihre Probleme redet.

Und das sind offenbar viele.

Am heftigsten knallt es vor dem Saal. Ein Mädchen mit pinken Haaren stürmt raus, bricht heulend zusammen. Ein anderes setzt sich trotzig im Schneidersitz vor die Tür. Sie halte es da drinnen nicht mehr aus, erklärt sie. Nach und nach kommen weitere Teilnehmer dazu, knien neben ihr. Auch Greta Thunberg. Sie hört aufmerksam zu. Als das Mädchen in Tränen ausbricht, zögert Greta nicht, umarmt und tröstet sie.

Die Tränen und Zusammenbrüche zeigen: Beim Strategietreffen in Lausanne stösst die europäische Klimajugend an Grenzen. Die Atmosphäre ist angespannt. Diese Punkte sorgen bei den Klima-Teenies für Riesen-Zoff:

1. Sie sind sich nicht einig, wie radikal sie sein wollen

Frust hat sich aufgestaut. Seit sieben Monaten gehen die «Fridays», wie sich die Teilnehmer der «Friday for Future»-Bewegung nennen, für den Klimaschutz auf die Strasse. Doch die Ergebnisse ihres Engagements werden nur langsam sichtbar. Viele fragen sich, ob sie stärker provozieren müssten – und sogar Gesetze brechen, wie es die Klimaschutz-Extremisten von «Extinction Rebellion» machen.

2. Nicht alle wollen den Kapitalismus abschaffen

In Lausanne diskutieren die Kinder und Jugendlichen, wie sie die perfekte Gesellschaft sehen. Für viele ist klar: Unsere Wirtschaft ist böse. Ein deutscher Teilnehmer kommt begeistert aus einer Diskussionsrunde mit der Wirtschaftsprofessorin Julia Steinberger: «Der Konsens ist: Kapitalismus muss weg.» Doch so einfach ist es nicht. Ein anderer Teilnehmer hat die Diskussion völlig anders wahrgenommen: «Die polnischen Teilnehmer finden das mit der Geschichte ihres Landes gar nicht lustig, wenn Deutsche und Franzosen in Richtung Kommunismus wollen.»

3. Sie wissen nicht, was sie fordern wollen

Noch immer ist unklar, was am Ende des Klimagipfels stehen soll: ein Strategiepapier? Ein Forderungskatalog? Die Teilnehmer sind in dieser Frage hoffnungslos zerstritten. Am Montag gab es kurzzeitig mehr als 30 Forderungen. Viele davon sind extrem spezifisch und beinhalten konkrete Massnahmen und Klimaziele. Das Problem: Die Forderungen sollen europaweit gelten und von allen Teilnehmern mitgetragen werden.

4. Die Schweiz passt ihnen nicht

Zu teuer und nicht in der EU: Das nervt viele der rund 450 Teilnehmer, die aus 37 Ländern angereist sind. «Für Teilnehmer aus Osteuropa ist es sogar teuer, sich etwas im Supermarkt zu kaufen», erzählt eine österreichische Teilnehmerin. Sie selbst sei zwar auch mit Brot und Marmelade zufrieden, aber das Essen auf dem Gipfel sei aus Budgetgründen nicht besonders abwechslungsreich. Das sorgt für Frust bei den Jungen, die ihre Woche hier trotz der Arbeit geniessen wollen. Und: Weil es im Gegensatz zur EU Roaming-Gebühren gibt, können die Klima-Teenies in Lausanne kein mobiles Internet nutzen.

5. Die Diskussionskultur kostet Zeit und Nerven

«Es ist schon schön, dass jeder immer über seine Gefühle reden kann», kommentiert ein Schweizer Teilnehmer. «Ich verstehe aber auch, dass andere mehr arbeiten wollen.» Die Krux: Die Graswurzelbewegung will, dass jeder gleichermassen zu Wort kommt. Nicht immer klappt das – auch hier gibt es Teilnehmer, die nach vorne drängen. Das führt bei sensibleren Teilnehmern zu Unmut. Und: Sobald jemand mit den Händen ein Dach über dem Kopf formt, bedeutet das «Ich fühle mich unwohl». Dann darf er sofort darüber sprechen – selbst im Plenum mit rund 450 Teilnehmern.

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