Star-Segler Bourgnon muss den Segelschein machen
«Bei der Theorieprüfung war ich nicht gut drauf»

Unglaublich, aber wahr: Der Rekordhalter und erfahrene Segelprofi Yvan Bourgnon musste am Wochenende in Neuenburg seinen Segelschein machen. Blick war dabei.
Publiziert: 01.06.2021 um 16:51 Uhr
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Aktualisiert: 01.06.2021 um 16:52 Uhr
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Yvan Bourgnon hat seine praktische Prüfung für den Schweizer Segelschein bestanden.
Foto: Dom Smaz
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Ugo Curty

Abgenutztes Ölzeugs, ein Paar verblichene Jeans und Flip-Flops. Yvan Bourgnon sieht aus wie ein Tourist an diesem Samstagmorgen am Ufer des Neuenburgersees. Der weltberühmte Segler ist allerdings gerade dabei, eine alte Scharte auszuwetzen. Respektive: in die Legalität zurückzukehren.

«Diese Situation besteht seit 30 Jahren und es wird Zeit, dass ich sie in Ordnung bringe», sagt der alte Seebär mit einem verschmitzten Lächeln. Der Mann hat auf allen Meeren der Welt Rekorde gejagt und Abenteuer erlebt. Doch jetzt will er eine Hürde überwinden, die auch für jeden Süsswassersegler in Reichweite liegt: den Schweizer Segelschein.

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Yvan Bourgnon a passé avec succès son examen pratique pour le permis de navigation en Suisse.
Foto: Dom Smaz

Eine Nacht lang gebüffelt

Seine praktischen Prüfung wird zum Spaziergang. «Ich denke, es ist gut gelaufen», sagte er zuversichtlich bei seiner Rückkehr in den Hafen von Le Nid-du-Crô. «Sie können in Ihrem Artikel schreiben, dass Yvan Bourgnon die Prüfung mit Bravour bestanden hat», sagt der Experte Laurent Lambelet unter allgemeinen Gelächter.

So unerschütterlich wie auf dem Wasser war der in La Chaux-de-Fonds geborene Segelprofi zwei Tage früher zu Hause vor seinem Computer nicht. «Bei der Theorieprüfung war ich nicht besonders gut», gibt er zu.

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«Ich habe die ganze Nacht lang gelernt, von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens, wie ein Narr, ganz allein zu Hause. Als ich am Morgen zu meinem Termin kam, konnte ich kaum geradeaus sehen. Ich war völlig gestresst und sicher, dass ich versagen würde. 45 anstrengende Minuten und zehn Fehler später hat der Prüfling Bourgnon seine Prüfung bestanden, allerdings ohne Auszeichnung. Aber bestanden ist bestanden, er kann nun über die Seen des Landes schippern, ohne Angst haben zu müssen, erwischt zu werden.

Zurück nach Hause

Den See hat der Meer-Fan erst «im Laufe der Jahre zu schätzen gelernt». Vor einigen Jahren liess sich der Weltenbummler wieder in Saint-Blaise NE nieder, kehrte zu seinen Wurzeln zurück. «Wenn ich beruflich nicht so oft am Meer sein müsste, wäre ich ständig hier.» Bourgnon mag es, die Westschweizer Segler in ihren Gewässern herauszufordern. «Die Leute aus der Romandie sind sehr stark», sagt er. «Wenn ich hier Rennen bestreite, wird es meistens knapp.»

In gut zehn Tagen wird der Franco-Schweizer an der Seite seines Sohnes Mathis (24) am mythischen Rennen «Bol d'Or» auf dem Genfersee teilnehmen. Das Duo ist der amtierende Europameister in der Nacra-F20-Katamaran-Klasse. Der Vater ist sehr stolz auf die Familiencrew. «Ich habe mehrere Phasen in meinem Leben durchlaufen», sagt er. Ich habe Offshore-Rennen und Regatten bestritten.

Ich hatte das Glück, mit meinem älteren Bruder (Anm. d. Red.: Laurent, der 2015 auf See gestorben ist) segeln zu können und teilte unglaubliche Momente mit ihm. Heute erlebe ich denselben Nervenkitzel mit meinem Sohn. Ich weiss, dass es nicht für immer sein wird, denn Mathis wird von überall auf der Welt für andere Rennen angefragt. Aber ich versuche es zu geniessen und das, was ich weiss, an ihn weiterzugeben.»

Er wäre beim Bol d'Or 2019 fast gestorben

Für Bourgnon Senior könnte der Bol d'Or zur Revanche werden. Die Regatta hätte ihn 2019 fast das Leben gekostet. Die 81. Auflage war nämlich von einem der schlimmsten Stürme geprägt, die der Lac Léman je erlebt hat. Mehr als 200 Teams mussten aufgegeben.

Das war auch bei dem Franco-Schweizer und seinem Teamkollegen der Fall. An der Spitze ihrer Klasse kenterte ihr Boot in Bouveret. Der Mast brach auf dem flachen Grund der Bucht. «Es war so heftig, dass wir unter Wasser gezogen wurde», erinnert sich Bourgnon. Zwei Minuten lang kämpfte er unter Wasser in den Strudeln und der Strömung. «Ich dachte, wir würden ertrinken. Wir waren sehr froh, lebend rauszukommen. Man muss nicht ans Kap Hoorn fahren, um ein Abenteuer zu erleben.»

Plastik ist nicht fantastisch

Yvan Bourgnon hat sich in den letzten Jahren immer stärker für Umweltschutz und Gesundheit engagiert. Er ist besorgt: «Solange die Leute nicht Hitzetage mit 50 Grad erleben und der Plastikabfall nicht direkt vor ihrem Haus liegt, ist es schwierig, sie zum Umdenken zu bewegen», sagt der Segler. «In der Pandemie wurde sogar wieder mehr Einwegplastik beim Take-away-Verkauf verbraucht. Die Anstrengungen der letzten 12 Jahre waren innerhalb weniger Monate zunichte gemacht.»

Zwischen 10 und 12 Millionen Tonnen Plastik kippt der Mensch jedes Jahr in die Ozeane. Eine gigantische Verschmutzung, die der Seemann mit der Organisation «Sea Cleaners» stoppen will. Der 2016 ins Leben gerufene Verein will mit der «Manta», einem riesigen Boot, Abfälle auf dem Wasser aufsammeln.

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«Etwa dreissig Mitarbeiter arbeiten an dem Projekt, unterstützt von tausend Freiwilligen», sagt Yvan Bourgnon. «Wir haben schon 20 Millionen Franken gesammelt. Diesen Betrag müssen wir verdoppeln, um mit dem Bau des ersten Bootes beginnen zu können. «Die Baupläne werden öffentlich sein, um einen Wissensaustausch zu ermöglichen. Wir wünschen uns, dass später ein paar hundert Exemplare des Schiffs auf der ganzen Welt gebaut werden.»

Auf der Suche nach Spendern

Die praktische Prüfung zum Erwerb des Segelscheins scheint plötzlich weit weg. Yvan Bourgnon verabschiedet sich und macht sich auf den Weg nach Paris, wo er versuchen wird, neue Investoren für seine Sache zu gewinnen. Dieses Armdrücken gegen die Plastik-Frevler könnte gefährlicher und nervenaufreibender werden als alle maritimen Herausforderungen, die er in seiner Karriere bisher gemeistert hat.

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