Der Neuenburger Generalstaatsanwalt Pierre Aubert sprach am Donnerstag in Neuenburg von «unvorhersehbaren Tatsachen», um das zu beschreiben, was sich 48 Stunden zuvor ereignet hatte. Seiner Meinung nach hätte die präventive Anbringung einer elektronischen Fussfessel das Drama nicht zwingend verhindert. Dies vor allem, weil der Täter eine grosse Entschlossenheit an den Tag gelegt habe.
«Der Schutz wurde als ausreichend erachtet», sagte Aubert. Der Täter habe keine Vorgeschichte mit der Polizei gehabt. Dem Mann war erst kürzlich verboten worden, sich seiner Frau zu nähern.
Die Polizei war am vergangenen Donnerstagabend wegen einer ehelichen Auseinandersetzung im Haus des Ehepaars in La Chaux-de-Fonds eingeschaltet worden. Der betrunkene 54-jährige Ehemann wurde bis Samstagmorgen in Polizeigewahrsam genommen, um ihn zu verhören.
«Das Ehepaar lebt seit 20 Jahren in einer angespannten Situation», sagte Generalstaatsanwalt Aubert - mit regelmässigen Drohungen, die nie wahr gemacht wurden, sowie sexueller Gewalt. Die 52-jährige Ehefrau hatte sich entschieden, mit ihrem jüngeren Sohn bei ihrem ältesten Sohn zu wohnen.
Vor der Tragödie am Dienstag besuchte der Ehemann am frühen Morgen die Wohnung des 24-jährigen Sohnes und verstiess damit gegen das Näherungsverbot. Er verletzte den Sohn mit einem Messer, als letzterer versuchte, seiner Mutter zu helfen.
Der Vater entführte seine Frau anschliessend im Auto mit nach Les Roches-de-Moron. Dies ist ein Aussichtspunkt mit Blick auf den Doubs und den Châtelot-Staudamm, etwa 15 km von La Chaux-de-Fonds entfernt, in der Gemeinde Les Planchettes NE. Dort lenkte er sein Fahrzeug absichtlich in den Abgrund. Das Auto kam etwa 100 Meter unterhalb dank einiger Bäume zum Stillstand.
«Die Tatsache, dass die beiden Eheleute überlebten, grenzt an ein Wunder», sagte Simon Baechler, der für den Fall zuständige Polizeioffizier. Die Bergungsarbeiten dauerten von 8.50 Uhr bis zum frühen Nachmittag. Der Ehemann war im Auto eingeklemmt, die Frau wurde herausgeschleudert.
Die Eheleute wurden ins Inselspital Bern gebracht. Sie haben Knochenbrüche erlitten, der Ehemann liegt auf der Intensivstation. Der älteste Sohn wurde in Lausanne behandelt. Er werde bleibende Schäden davontragen, hiess. Der Abtransport des Wracks sei kompliziert und werde in Kürze erfolgen.
(SDA)