Marc Walder, meine erste Frage ist sehr direkt, so wie es unser Medium liebt: Warum haben Sie 62 Jahre gewartet, bevor Sie Blick, diesen Leuchtturm des Journalismus, in der Romandie lanciert haben?
Marc Walder: Gute Frage. Wir haben gesehen, wie enorm stark die Marke Blick digital ist. Auf dem Laptop, auf dem iPad, auf dem Smartphone. Blick ist heute viel stärker, grösser, begehrter, attraktiver, relevanter, als Blick früher – nur auf Papier – je war. Deshalb sind wir vor einem Jahr endlich, endlich in die Westschweiz gegangen mit Blick.
Seit einem Jahr berichtet Blick den Romands und Romandes über aktuelle Ereignisse. Welche drei Dinge haben Sie aus diesem Abenteuer bei den Welschen gelernt?
Meine Tochter Coralie ist 24, und sie wohnt mit ihrer Mutter Anita in Lausanne – und studiert in Genf. Die Welschen sind also Teil meiner Familie, und ich liebe die französische Schweiz sehr – für viele Dinge.
Und nun – was haben Sie Neues gelernt?
Drei Dinge, die ich gelernt habe und die mir gefallen: Les Welsches sind jung im Kopf. Les Welsches sind superkreativ. Und: Les Welsches sind «fun» und haben «fun».
Was hat Blick Romandie in einem Jahr erreicht, und wo muss es noch Fortschritte geben?
Blick Romandie ist super gestartet. Wir sind happy. Blick Romandie hat seine Ziele erreicht. Nun muss er wachsen. Stark werden. Und unverzichtbar werden.
Blick Romandie wurde von der Konzernleitung als Innovationshub angekündigt. Weil wir ein neuer Akteur auf dem Westschweizer Markt waren, weil wir ein Pure Player und ein kleines Team waren, das zwangsläufig agil sein musste. Welche Initiativen haben den grossen Bruder in der Deutschschweiz inspiriert?
Blick Romandie ist stark, wirklich stark im visuellen Storytelling – und im multimedialen Storytelling. Und Blick Romandie ist stark bei den Newslettern. Persönlich gefällt mir die Rubrik «High Five».
Apropos Innovation: Welche Medien ausserhalb der Ringier Gruppe beeindrucken Sie am meisten und warum?
1. New York Times – Topjournalismus. Nicht nur Politik und Wirtschaft. Sondern – genial – auch Gesundheit, Style, Food, Travel etc.
2. Handelsblatt in Deutschland: Der beste Morning-Newsletter.
3. The Information: Grandioser Journalismus rund um die Tech-Industrie.
Auf der jüngsten Jahreskonferenz von Ringier lernten wir ihren Avatar im Metaversum kennen. Glauben Sie wirklich, dass dies das «next big thing» sein wird?
Aber ja – kein Zweifel. Heute konsumieren wir das Internet an einem flachen Bildschirm. Grösser oder kleiner. Augmented Reality, Virtual Reality und Blockchain-basierte Transaktionen werden das Internet nochmals viel spannender und aufregender machen. In der Gaming-Industrie ist das bereits Realität. Weitere Anwendungen kommen. Sehr schnell.
Befürchten Sie nicht, dass die Gesellschaft angesichts der Dematerialisierung unseres Lebens in eine Form des Widerstands verfällt?
Nein. Die Frage ist nicht: digital versus real. Die Antwort ist: digital UND real.
Welche Chancen bietet das Metaversum dem Journalismus, abgesehen von den Möglichkeiten, die das Metaversum für Geschäfte und Marktplätze bietet?
Ich besuche eine Wohnung – virtuell – in Genf. Sitze aber in Yverdon. Genial. Mediale Inhalte, News, Sports, Entertainment werden viel attraktiver konsumiert werden. Egal, wo ich bin.
Wenn wir uns auf die Grundlagen des Journalismus besinnen, welche Qualitäten müssen die Medien aufweisen, um auch in Zukunft ihr Publikum zu finden? Was sind ihre grössten Herausforderungen?
Die Menschen, die Bürgerinnen und Bürger, sind in der Tendenz «overnewsed but underinformed». Medienmarken sollen: glaubwürdig sein, intelligent sein, unterhaltend sein. Sie sollen einordnen, erklären. Sie sollen helfen, zu verstehen. Die Welt ist kompliziert. Und wird noch viel komplizierter.
Was macht Sie zuversichtlich, was die Zukunft einer Medienmarke wie Blick betrifft?
Blick macht all das, was ich soeben aufgezählt habe. Blick hatte nie in seiner Geschichte mehr Publikum. Blick hatte nie in seiner Geschichte mehr Platz im Leben der Bürgerinnen und Bürger.
Wie stark ist Blick im Vergleich zu seinen Konkurrenten?
Blick ist schnell, Blick ist intelligent, Blick ist unterhaltend, Blick ist relevant, Blick ist stark.
Sie sind im Alter von 26 Jahren in das Haus Ringier eingetreten. Sie begannen mit einem Praktikum als Journalist. Dreissig Jahre später sind Sie an der Spitze des Unternehmens. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Freude haben, ja sogar Spass haben, jeden Tag Neues zu lernen.
Sie waren eine Hoffnung im Schweizer Tennis. Finden Sie noch Zeit zum Spielen?
Nein. Ich habe genug Bälle übers Netz geschlagen während 20 Jahren. Heute mache ich 50 Minuten Fitness pro Tag. Jeden Morgen. 6.00 Uhr. Der wichtigste Termin in meinem Tag.
Hat man in einer Position wie der Ihren überhaupt noch so etwas wie Freizeit?
Wenig. Und wenn, dann gehe ich an ein Fussball-Spiel (FC St. Gallen) oder trinke ein Glas Wein mit Freunden.
Sie sind jetzt mit Ringier verbunden und halten Anteile an diesem Unternehmen. Wo wollen Sie das Unternehmen in zehn Jahren hinbringen?
Ringier war ein Publisher bis vor 15 Jahren. 120 Zeitungen und Zeitungen und Druckereien in 12 Ländern. Heute sind wir breit diversifiziert. Wir haben immer noch 100 Medienmarken, 60 digitale Marktplätze (Jobs, Real Estate, Cars), Ticketing, Radio, E-Commerce in 20 Ländern. In zehn Jahren werden wir nochmals deutlich grösser sein. Und immer noch ein Familien-Unternehmen. In der sechsten Generation. Eine wunderbare Schweizer Unternehmer-Story.
Unter Ihrer Leitung hat die Ringier-Familie in den letzten zehn Jahren beträchtliche Summen investiert, um das Unternehmen grundlegend umzugestalten (2 Milliarden Franken). Wird die Familie Ringier auch in Zukunft weiter investieren können?
Die Familie Ringier ist eine Unternehmer-Familie. Davon gibt es – zumindest in dieser Dimension – nicht mehr viele. Die Familie Ringier wird weiter investieren. Und ihr Unternehmen weiter entwickeln.