Samantha M* (†19) verschwand im letzten November. Zwei Monate lang war die junge Genferin unauffindbar. Bis mitte Januar 2018 ein Spaziergänger ihre grausam zugerichtete Leiche in Cheyres FR in einem Naturschutzgebiet am Ufer des Neuenburgersees fand. Zwei Tage später verhaftete die Polizei Richard G.* (21). Opfer und Täter kannten sich von Kindesbeinen an.
Richard G. gestand den Mord nach anfänglichem Leugnen. Er fesselte die Hände seines Opfers auf dem Rücken. Auch die Beine von Samantha M. waren mit Bandagen und einem Seil festgezurrt (BLICK berichtete).
Jetzt spricht erstmals die Grossmutter von Samantha, Irène M.* (70). «Das Bild meiner toten Samantha im Sumpf verfolgt mich jeden Tag», sagt sie im «Le Matin Dimanche».
Quälende Fragen
Weshalb ihre Enkelin ermordet wurde, weiss Irène M. noch immer nicht. Richard G. wuchs in der gleichen Wohnsiedlung wie sein Opfer in Genf auf. Die Grossmutter kannte ihn nicht. «Man sagte mir, er habe sich für Samantha interessiert. Meine Enkelin aber nicht für ihn.»
Die Familie des Opfers geht seit der Horror-Tat durch die Hölle. «Wir wissen nicht, ob sie vor ihrem Tod vergewaltigt wurde. Wir wissen noch immer nicht, wie sie gestorben ist», sagt die Grossmutter. «Starb Samantha am Schlag auf den Hinterkopf? Wurde sie bewusstlos? Starb sie elendlich allein im Sumpf? Wie lang dauerte es? Starb sie wegen der eisigen Kälte in dieser Novembernacht? Dies Fragen quälen mich ununterbrochen.»
«Er arbeitete nur 100 Meter neben der Leiche weiter»
Irène M. sagt über den Killer ihrer Enkelin: «Er ist für mich ein Perverser. Er arbeitete und wohnte nur 100 Meter von der Leiche meiner Enkelin entfernt, die er im Sumpf zurückliess. Ich glaube, er wusste, was er tat. Er ist kein Wahnsinniger.»
In den Verhören zeige der 21-Jährige keinerlei Empathie: «Er spricht nur von sich. Er spricht, als ob er eine Fliege getötet hätte. Er hat auch kein Bedauern geäussert. Ich habe keine Nachricht von ihm oder seiner Familie erhalten.»
Die Behörden gaben die Leiche von Samantha erst am vergangenen 9. April frei. Am gleichen Tag wurde ihre Grossmutter 70 Jahre alt.
Sarg musste bei Beerdigung draussen bleiben
«Wir gingen ins Bestattungsinstitut, um uns am Sarg zu versammeln und Kerzen anzuzünden», sagt die Grossmutter. «Wir schafften es nicht, in den Kühlraum hineinzugehen. Der Geruch war unerträglich. Ich war geschockt. Meine Tochter wurde ohnmächtig.»
Auch die Beerdigung von Samantha M. war wegen der schrecklich zugerichteten Leiche traumatisch. «Der Sarg musste draussen vor der Kirche bleiben. Ich schrieb der Gerichtsmedizin in Lausanne, warte aber bis heute auf eine Antwort. Ich bin sicher, man hätte das anders machen können, um uns eine würdige Zusammenkunft zu ermöglichen.»
Vorwürfe an die Polizei
Die Grossmutter macht auch der Polizei Vorwürfe. «Man hätte das Gelände in Cheyres mit einem Suchhund begehen müssen. Das hätte zwar meiner Enkelin nicht das Leben gerettet, doch ihre Leiche wäre in einem besseren Zustand gefunden geworden. Es wären auch mehr nützliche Spuren vorhanden gewesen.»
Denn die Polizei befragte auch Richard G, als Samantha M. vermisst wurde. «Sie sagten aber zuerst, er entspreche nicht dem Täterprofil.»
Irène M. hofft jetzt auf einen baldigen Prozess. «Die Justiz muss vorwärts machen, damit endlich die Fakten auf den Tisch kommen.» Zuständig ist die Staatsanwaltschaft in Freiburg. Dort wartet man noch auf das psychiatrische Gutachten über den Sumpfmörder.
Letztes Geschenk
Samantha war das einzige Kind der Tochter von Irène M. «Ich glaubte, meine Tochter würde den Verstand verlieren. Zu Beginn sagte sie oft, es habe keinen Sinn mehr weiterzuleben. Jetzt geht es etwas besser.»
Die Grossmutter hat trotz allem noch Kraft: «Wir müssen durchhalten, damit die Wahrheit ans Licht kommt. Das ist das letzte Geschenk, das wir meiner Enkelin machen können.»
*Namen der Redaktion bekannt