Genfer Polizei klärte Mordfall auf
Undercover-Polizist mimte Zellengenosse

Nach einer brutalen Tat mussten Genfer Ermittler einen als Häftling getarnten Polizisten einsetzen, um dem Täter auf die Spur zu kommen. Nun wird der Fall vor Gericht nochmals aufgerollt.
Publiziert: 26.03.2019 um 17:14 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2019 um 15:29 Uhr
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Am Strafgericht in Genf wird derzeit ein ungewöhnlicher Fall behandelt.
Foto: Keystone

Der Tathergang tönt wie der Stoff eines brutalen Krimis: Am 5. Februar 2015 lockt Antonio F. seine Nachbarin Nicole B. in die eigene Wohnung. Dort fesselt und knebelt er die 73-jährige Frau, später erwürgt er sein Opfer. Der Grund für die skrupellose Tat: Antonio F. wusste laut Anklageschrift, dass B. am selben Tag über 40'000 Euro bei ihrer Bank abgehoben hatte. So wollte er an das Geld seiner Nachbarin kommen.

Die Leiche von Nicole B. transportiert F. am nächsten Tag nach Frankreich. Dort verscharrt er sie in einem Wald, ehe er sie eine Woche später verbrennt.

Undercover-Polizist erfährt wertvolle Details

Der ungewöhnliche Fall kommt erst jetzt vor Gericht. Lange standen die Ermittler nämlich vor einem Rätsel. Vieles deutete darauf hin, dass der 53-jährige Antonio F. die Tat begangen hatte. Doch was fehlte, war die Leiche. Erst durch eine ungewöhnliche Methode kam die Justiz F. auf die Schliche.

Unter dem Decknamen Paulo wurde ein Polizist als Mithäftling in die Zelle von Antonio F. eingeschleust. Wie der «Tages-Anzeiger» schreibt, sollte sich der gebürtige Portugiese in seiner Muttersprache mit F. unterhalten und so dessen Vertrauen gewinnen. Mit Erfolg: In den anderthalb Monaten, in denen die beiden gemeinsam einsassen, plauderte der Verdächtige wertvolle Details über die Tat aus.

Die Anwälte von F. wussten damals laut Staatsanwaltschaft vom Vorgehen der Ermittler, rekurrierten aber nicht dagegen. Auch vom Massnahmegericht sei die Aktion abgesegnet gewesen. Jetzt, beim Prozess vor dem Strafgericht in Genf, wollten die Verteidiger von Antonio F. verhindern, dass «Paulos» Informationen als Beweismaterial verwendet werden können. Der Antrag blieb jedoch ohne Erfolg.

Tod von B. soll ein Unfall gewesen sein

Bei der Befragung vor Gericht erklärte Antonio F., der Tod von Nicole B. sei ein Unfall gewesen. Die Nachbarin habe ihm 3000 Euro geschuldet, was zum Konflikt zwischen den beiden geführt habe. Mit einem Pullover habe F. sein Opfer an einen Stuhl gefesselt. Als er den Stuhl umgestossen habe, sei B. gestorben. Geld habe er von der Frau nie gestohlen, so F.

Im Haus der Schwester von Antonio F. in Portugal fand die Polizei aber genau die Geldsumme, die Nicole B. an jenem Tag im Februar abgehoben hatte. Auch sagte die Schwester von F. aus, dass ihr Bruder das Geld bei ihr im Haus versteckt hatte.

Das Urteil in diesem Prozess wird erst nächste Woche erwartet. Mehrere Psychiater schrieben Antonio F. laut «Tages-Anzeiger» eine pathologische Beziehung zu Geld zu. Offenbar hatte der Mann Nicole B. auch einen Goldzahn ausgerissen und Uhren und Schmuck von ihr gestohlen haben. Bei einer Durchsuchung im Haus von F. fand die Polizei sogar Geld, dass im Tiefkühler in einem Poulet versteckt war. Antonio F. hingegen bestritt vor Gericht, dass er an einer Persönlichkeitsstörung leide. (cat)

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