Erneut ein Geldtransport überfallen
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Drei Fahrzeuge angezündet:Erneut ein Geldtransport überfallen

Gaëlle Delacuisine (23) beobachtete den Geldtransporter-Überfall in Daillens VD
«Ich stand direkt neben dem Fluchtauto»

Der brutale Geldtransporter-Überfall schockt das Waadtland. Gaëlle Delacuisine (23) wurde Augenzeugin des Coups im kleinen Ort Daillens VD.
Publiziert: 03.12.2019 um 18:34 Uhr
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Aktualisiert: 06.12.2019 um 14:37 Uhr
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Die angehende Krankenschwester Gaëlle Delacuisine (23) beobachtete den Geldtransporter-Überfall hautnah.
Foto: Celine Trachsel
Céline Trachsel

Der Abend des 2. Dezembers 2019 wird Gaëlle Delacuisine (23) so schnell nicht mehr vergessen. Die angehende Krankenschwester war abends mit ihren zwei Brüdern (17 und 21) in ihrem elterlichen Zuhause in Daillens VD, als sie es draussen knallen hört. Was sie nicht ahnt: vor ihrer Haustür spielt sich gerade der dritte Geldtransporter-Überfall in der Westschweiz im Jahr 2019 ab.

«Ich dachte, es sei ein Autounfall passiert und ging nach draussen auf die Strasse», sagt Delacuisine. Sie sah die vielen Autos, einen Lieferwagen, Männer – und ein schwarzes Auto, das soeben wendete und rückwärts zum Heck des Lieferwagens fuhr. Es handelt sich um einen der Audis, die die Täter zur Flucht brauchten.

«Das habe ich aber gar nicht kapiert, stand direkt neben dem Wagen und sah die beiden Täter im Auto. An ihr Gesicht kann ich mich nicht erinnern, sie waren vermummt. In die Augen haben wir uns nie geblickt – aber sie haben mich ganz sicher bemerkt.»

Täter öffneten Geldtransporter von Hand

Da hört sie die Schreie ihrer Brüder, die ihr aus den Fenstern zurufen, sofort wieder ins Haus zu kommen. «Sie haben sehr schnell bemerkt, dass es sich um einen Überfall handelt. Ich erkannte es in diesem Moment auch, weil ich beobachten konnte, wie sich die Täter an den Türen des Transporters zu schaffen machten.»

Die Sprengsätze der Gangster hatten nicht ganz gereicht, um die Türen zu öffnen, deshalb rissen die Täter noch eigenhändig daran. «Vielleicht brauchten sie auch Werkzeug, aber das konnte ich nicht mehr beobachten, weil ich umdrehte und hineinrannte.» Auch dass die Täter Waffen auf sich trugen, sei ihr nicht aufgefallen.

Während ihre Brüder zu ihren Handys greifen, um die Szenen zu filmen, ruft Gaëlle Delacuisine die Polizei an. «Ich ging abermals raus, aber nur noch auf unsere Terrasse. Dort beschrieb ich der Polizei alles, was ich in diesem Moment sah.» Angst habe sie keine verspürt. «Die Täter sahen nicht aus, als wollten sie jemandem etwas zuleide tun. Sie wollten ihr Ding durchziehen und so schnell wie möglich weg.»

Fahrer sassen noch im Geldtransporter

Die Fahrer des Geldtransporters waren während des ganzen Überfalls in ihrer Führerkabine. «Zuerst zündeten die Täter die anderen beiden Autos an und erst ganz am Schluss liessen sie die Fahrer aussteigen. Dann steckten sie kurz vor ihrer Flucht noch den Geldtransporter in Brand.»

Die Fahrer seien wenige Meter daneben im Feld gestanden. Nach einiger Zeit – wie lange, kann Delacuisine nicht mehr sagen, kam die Feuerwehr und anschliessend die Polizei.

Keine Angst vor Rache der Gangster

Obwohl sie in diesem Moment kühlen Kopf bewahrte, sitzt der Schock bei Gaëlle Delacuisine am Tag danach tief. «Dass so etwas in unserem ruhigen Dorf passiert, ist krass.» Es habe zwar schon einen anderen Geldtransporter-Überfall in Daillens VD gegeben, «aber doch nicht mitten im Dorf!», sagt sie.

Dass die Täter zurückkommen würden, weil ihre Familie alles filmte, davor hat die 23-Jährige keine Angst. «Das Risiko wäre für die Täter zu gross. Und die Polizei hätte uns ja darüber informiert, dass wir in Gefahr sein könnten. Aber die sind längst über alle Berge, weit weg von hier. Ich fühle mich also immer noch sicher.»

Alle Geldtransporter-Überfälle der letzten vier Jahre

23. August 2019: La Sarraz VD

Mutmasslich über zehn Täter raubten nachts um 0.30 Uhr auf der A1-Autobahnausfahrt im waadtländischen La Sarraz zwei Geldtransporter der Firma IRM aus – einer der beiden Transporter konnte aber flüchten. Die Gangster machten von ihren Waffen Gebrauch. Zudem sprengten sie den Transporter auf. Die Fahrer wurden verprügelt und dabei verletzt. Nach der Tat steckten sie den Transporter und die Autos und den Transporter in Brand und flüchteten mit anderen Autos.

20. Juni 2019: Mont-sur-Lausanne VD

Nachts um 0.30 Uhr überfallen Bewaffnete einen Geldtransporter der Firma Loomis im Budron in Mont-sur-Lausanne, stecken mehrere Fahrzeuge in Brand und flüchten in einem grossen, hellen Fahrzeug. Sie wurden noch nicht geschnappt. Die Höhe der Beute ist unbekannt. Es ist bereits der zweite Überfall in genau dieser Strasse.

30. Januar 2019: Oftringen AG

Bei einem Hintereingang des Perry Centers stellte um etwa 14.30 Uhr ein Kurier seinen Lieferwagen beim Lieferanteneingang ab und betrat das Gebäude. Während seiner kurzen Abwesenheit gelang es der Täterschaft, das gesicherte Fahrzeug gewaltsam zu öffnen und daraus mehrere Beutel mit Bargeld zu entwenden. Über die Höhe der Beute und mögliche Waffen ist nichts bekannt. Die Täter wurden nicht erwischt.

12. April 2018: Mont-sur-Lausanne VD

Zum ersten Überfall in besagter Strasse im Industriegebiet Budron in Mont-sur-Lausanne kommt es 2018. Die Täter haben es auf einen Geldtransporter von Loomis abgesehen. Mit Kalaschnikows bewaffnete Täter rauben ein Fahrzeug aus und stecken nach dem Raub mehrere Autos in Brand. Sie können flüchten und werden bis heute gesucht. Wie viel Geld abhanden kam, ist nicht bekannt.

8. Februar 2018: Chavornay VD

Abends gelangen als Klempner getarnte Gangster in die Wohnung der Tochter eines Geldtransporterfahrers der Firma SOS Surveillance und kidnappen die junge Frau. Der Fahrer wird von den Tätern per Telefon aufgefordert, auf einen Parkplatz in Chavornay VD zu fahren und die ganze Ladung dort abzuladen. So erbeuten sie 20 bis 30 Millionen Franken. Die Tochter wird in einen Strassengraben geworfen, kommt aber mit dem Schrecken davon. Der Geldtransporterfahrer, sein Beifahrer und die Tochter stehen zunächst unter Verdacht, in den Coup involviert gewesen zu sein. Doch der Verdacht erhärtet sich nicht. Später werden 15 Täter aus Lyon (F) und der Schweiz geschnappt.

24. Mai 2017: Nyon VD

Nachts um 3 Uhr wird ein Geldtransporter der Firma Loomis auf der A1 überfallen. Sieben Täter zwingen die Fahrer, ihnen bis über die Grenze nach Frankreich zu folgen, dort wird der Transporter aufgesprengt, Beute: Juwelen und Bargeld im Wert von rund 45 Millionen Franken. Die Täter werden in Lyon (F) geschnappt, auch die Beute taucht wieder auf. Welche Waffen zum Einsatz kamen, ist unbekannt.

30. Dezember 2015: Bussigny VD

Zwei Geldtransporterfahrer werden in Bussigny gegen 19.30 Uhr überfallen, die Beute beträgt über 2 Millionen Franken. Der Haupttäter ist ein in der Schweiz lebender Brasilianer und seine Schwester, einer der Geldtransporteure ist ein Komplize. Das Trio wird zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

23. August 2019: La Sarraz VD

Mutmasslich über zehn Täter raubten nachts um 0.30 Uhr auf der A1-Autobahnausfahrt im waadtländischen La Sarraz zwei Geldtransporter der Firma IRM aus – einer der beiden Transporter konnte aber flüchten. Die Gangster machten von ihren Waffen Gebrauch. Zudem sprengten sie den Transporter auf. Die Fahrer wurden verprügelt und dabei verletzt. Nach der Tat steckten sie den Transporter und die Autos und den Transporter in Brand und flüchteten mit anderen Autos.

20. Juni 2019: Mont-sur-Lausanne VD

Nachts um 0.30 Uhr überfallen Bewaffnete einen Geldtransporter der Firma Loomis im Budron in Mont-sur-Lausanne, stecken mehrere Fahrzeuge in Brand und flüchten in einem grossen, hellen Fahrzeug. Sie wurden noch nicht geschnappt. Die Höhe der Beute ist unbekannt. Es ist bereits der zweite Überfall in genau dieser Strasse.

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Bei einem Hintereingang des Perry Centers stellte um etwa 14.30 Uhr ein Kurier seinen Lieferwagen beim Lieferanteneingang ab und betrat das Gebäude. Während seiner kurzen Abwesenheit gelang es der Täterschaft, das gesicherte Fahrzeug gewaltsam zu öffnen und daraus mehrere Beutel mit Bargeld zu entwenden. Über die Höhe der Beute und mögliche Waffen ist nichts bekannt. Die Täter wurden nicht erwischt.

12. April 2018: Mont-sur-Lausanne VD

Zum ersten Überfall in besagter Strasse im Industriegebiet Budron in Mont-sur-Lausanne kommt es 2018. Die Täter haben es auf einen Geldtransporter von Loomis abgesehen. Mit Kalaschnikows bewaffnete Täter rauben ein Fahrzeug aus und stecken nach dem Raub mehrere Autos in Brand. Sie können flüchten und werden bis heute gesucht. Wie viel Geld abhanden kam, ist nicht bekannt.

8. Februar 2018: Chavornay VD

Abends gelangen als Klempner getarnte Gangster in die Wohnung der Tochter eines Geldtransporterfahrers der Firma SOS Surveillance und kidnappen die junge Frau. Der Fahrer wird von den Tätern per Telefon aufgefordert, auf einen Parkplatz in Chavornay VD zu fahren und die ganze Ladung dort abzuladen. So erbeuten sie 20 bis 30 Millionen Franken. Die Tochter wird in einen Strassengraben geworfen, kommt aber mit dem Schrecken davon. Der Geldtransporterfahrer, sein Beifahrer und die Tochter stehen zunächst unter Verdacht, in den Coup involviert gewesen zu sein. Doch der Verdacht erhärtet sich nicht. Später werden 15 Täter aus Lyon (F) und der Schweiz geschnappt.

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