Erdogan fordert Genf zur Zensur auf
Die traurige Geschichte hinter dem Bild

Wegen eines Fotos von Demir Sönmez hat das türkische Konsulat bei der Stadt Genf interveniert. Wer ist der Schweizer Fotograf und Blogger, den die Türkei zensieren will? Und wieso bringt sein Bild die Türkei so auf die Palme?
Publiziert: 25.04.2016 um 15:43 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 19:55 Uhr

In den 1980er Jahren verliess der Fotojournalist Demir Sönmez die Türkei. Als Kurde und Armenier wurde er politisch verfolgt. In Genf fand er eine neue Heimat. Mittlerweile hat er den Schweizer Pass.

Demir Sönmez (56) ist ein engagierter Genfer Fotojournalist mit kurdisch-armenischen Wurzeln.
Foto: http://demirsonmez.blog.tdg.ch/

Doch jetzt sucht ihn die Türkei von Präsident Erdogan wieder heim. Das türkische Konsulat hat sich bei der Genfer Stadtregierung über ein Foto von ihm beschwert und die sofortige Entfernung verlangt.

Streit wegen «Terrorist» Elvan (†15)

Das Bild zeigt ein Plakat, das während einer Demo auf der Genfer Place des Nations hing. Darauf steht: «Ich heisse Berkin Elvan, die Polizei hat mich auf Geheiss des türkischen Ministerpräsidenten getötet.»

Berkin Elvan war ein 15-jähriger Junge, der am 16. Juni 2013 während den Gezi-Protesten in Istanbul von einem Tränengas-Geschoss am Kopf getroffen wurde. Nach neun Monaten im Koma erlag er seinen Verletzungen.

Sein Schicksal löste im ganzen Land Demonstrationen aus. Erdogan behauptete, Berkin sei ein Terrorist gewesen. Dessen Eltern hingegen sagten, dass er nur auf dem Weg war, um Brot zu holen.

Das Berkin-Bild entstand bei einer Demonstration am 14. März 2014 auf der Place des Nations. Dort stellt Fotoreporter Demir Sönmez derzeit 58 Bilder aus, die er bei zahlreichen Demos auf dem Platz vor dem UNO-Hauptsitz aufgenommen hat.

Kampf gegen Unterdrückung

«Dieser Ort hat eine sehr starke Bedeutung, besonders für diejenigen Menschen, die gegen die Unterdrückung und für ihre Rechte kämpfen», erklärte der Künstler jüngst in der «Tribune de Genève» und ergänzte: «Der Platz selbst spiegelt eines der grundlegenden Rechte des Menschseins: dasjenige des Demonstrierens.»

Auf dieses Recht pocht Sönmez nun auch in seinem Fall. Gegenüber «Le Courrier» beruft er sich auf die Meinungsäusserungsfreiheit und äussert den Wunsch, dass die Ausstellung sogar noch verlängert wird.

Hitlervergleich mit Erdogan

Sönmez hat den Artikel auf seiner Facebook-Seite geteilt – ohne Kommentar, dafür mit einem Like.

Die Website der Ausstellung ist mittlerweile abgeschaltet. Der Blog von Demir Sönmez ist hingegen online. Dabei wird schnell klar, was er vom türkischen Präsidenten Erdogan hält: Er stellt ihn gleich mit Hitler. (lha/sas)

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