Der kleine Jegor (6) aus dem russischen Krasnojarsk leidet an einem besonders aggressiven Netzhautkrebs. Seit einem Jahr ist der Bub Patient in der Lausanner Augenklinik Jules-Gonin. Der leitende Arzt, Francis Munier, hat eine besonders schonende Methode entwickelt, um den Tumor zu behandeln.
Jegor und seine Mutter Jekaterina Wladimirowa (32) müssen dafür jeden Monat für zwei Tage in die Schweiz reisen. Doch im April machte Corona der Familie einen Strich durch die Rechnung. «Ich hatte grosse Angst um das Leben meines Kindes», erzählt Jegors Mutter BLICK am Telefon.
Sehvermögen nach zwei Monaten stark verbessert
Die Schockdiagnose Augenkrebs kam, als der Bub fünf Jahre alt war. Ein noch grösserer Schock für die Eltern waren aber die Worte des Moskauer Arztes sechs Monate später: Das komplette linke Auge müsse entfernt werden. Doch Jekaterina Wladimirowa wollte nicht aufgeben: Bei einer Internet-Recherche stiess sie auf die Schweizer Klinik. Dank Spenden können Mutter und Sohn seither regelmässig in die Romandie fliegen.
«Als wir im Mai 2019 das erste Mal herkamen, betrug Jegors Sehvermögen 30 Prozent. Nach zwei Monaten Behandlung waren es wieder 100. Wir beide konnten es kaum glauben. Jegor konnte wieder alles selber lesen», sagt die Russin. Eine regelmässige Kontrolle sei dennoch weiterhin notwendig.
«Das komplette Entfernen des Tumors ist in unserem Fall nicht möglich. Die Krebszellen werden aber mit Chemo-Spritzen sowie Thermo- und Kältetherapie deaktiviert. Dank dieser Methoden war der Tumor bei unserem letzten Besuch am 6. März nur noch ganz klein», erklärt die Mutter.
«Wir hatten richtig Panik»
Auch am 8. April sollten sie wieder in die Schweiz kommen. Das Coronavirus machte jedoch alle Pläne zunichte, weil es keine Flüge mehr gab. Da begann das grosse Bangen. Ende Monat schickte Jekaterina aktuelle Aufnahmen des Tumors nach Lausanne. Aus der Klinik folgte die beunruhigende Nachricht. «Der Arzt befürchtet ein Rezidiv», sagt Wladimirowa. Der Tumor war wieder grösser geworden.
«Wir mussten so schnell wie möglich nach Lausanne. Bei einem Tumor dieser Art ist die Schnelligkeit entscheidend.» Nach kurzer Zeit ohne Behandlung könnten sich bereits Metastasen im Gehirn bilden. «Und wenn dieses Stadium erreicht ist, ist es vorbei», sagt sie. «Wir hatten richtig Panik. Denn eine Behandlung bei uns in Krasnojarsk wäre gar nicht möglich.»
In ihrer Verzweiflung wandte sich die 32-Jährige an die Schweizer Botschaft in Moskau. Und nicht nur sie allein. Der Schweizer Botschafter in Russland, Yves Rossier (59), berichtet, mehrere Familien hätten seine Botschaft um Hilfe gebeten. Denn die Eltern der Kleinkinder mit diesem Augenkrebs sind gut vernetzt.
Und Rossier hilft. «Es war ein Gebot der Menschlichkeit», sagt er. «Das würde jeder tun, der die Möglichkeit dazu hat. Gelangen die Kinder nicht rechtzeitig in die Schweiz, verlieren sie im besten Fall das Augenlicht, im schlechtesten ihr Leben.»
Rossier, einst politischer Staatssekretär im Aussendepartement (EDA), nutzte seine Kontakte: «Ich habe mich ein Wochenende lang ans Telefon gehängt und hatte am Montag die Flüge.» Da es derzeit keine Linienflüge mehr gibt, suchte der Diplomat «jemanden mit Geld oder einem Flugzeug – am bestem mit beidem. Vor allem aber mit einem grossen Herz».
Nicht nur der eleganteste Skirennfahrer
Und der Romand wurde fündig: im ehemaligen Skirennfahrer Jean-Claude Killy (76). Der sagte sogleich zu, die ersten Flüge zu ermöglichen. «Ich wusste, dass Jean-Claude Killy bis heute der eleganteste Skirennfahrer überhaupt ist», so Rossier. «Nun weiss ich auch, dass er ein guter Mensch ist.»
«Als man uns sagte, wir könnten fliegen, sprangen alle vor Freude an die Decke», erzählt Jegors Mutter Jekaterina Wladimirowa. Zusammen mit vier Familien konnten die Wladimirows am 6. Mai von Moskau nach Genf fliegen. Am Freitag ging es dann erstmals zur Kontrolle in die Klinik Jules-Gonin.
Rossier fand neben Killy noch weitere Menschen mit einem grossen Herzen. Bis Ende Juli sei die «Luftbrücke zwischen Moskau und der Schweiz gesichert», freut sich der Botschafter am Telefon. Zwei Hin- und Rückflüge pro Monat brauche es. Pro Flug könnten jeweils fünf Kinder mit ihren Müttern mitgenommen werden. «Das kostet 100'000 Franken monatlich. Und ich verspreche Ihnen: Wir hören nicht auf. Sollte es die Luftbrücke auch im August und in den Monaten danach brauchen, werden wir auch dafür Sponsoren auftreiben», verspricht der Romand.
Man merkt, der fünffache Famiienvater Rossier will diesen Menschen in Not helfen: «Es geht hier teilweise um sehr arme Leute. Sie brauchen ihr ganzes Geld für die Behandlungen. Und sie müssen zum Teil von sehr weit weg anreisen.» Für einige sei der Weg nach Moskau weiter als die Strecke von Moskau nach Genf. Der Botschafter lässt diejenigen Mütter mit ihren Kindern in der Residenz übernachten, die auf ihrer Reise in die Schweiz einen Schlafplatz in der russischen Hauptstadt brauchen. Denn: «Sie könnten die Moskauer Hotelkosten nicht tragen.»
«Zauberhafte Menschen haben dir geholfen»
«Dass wir jetzt mitten in der Corona-Krise wieder in der Schweiz sein dürfen, ist wie ein Märchen», sagt Mutter Jekaterina. Der kleine Jegor frage ständig, wie sie fliegen konnten. «Ich sage ihm immer, dass es zauberhafte Menschen waren, die ihm geholfen haben.»
Der Sechsjährige freue sich, den Arzt wieder zu sehen. «Das erste halbe Jahr – während der Behandlung in Moskau – brach er immer in Tränen aus. Da ging man nicht wirklich zimperlich mit ihm um, und er war richtig traumatisiert. Hier ist es eine ganz andere Welt, man erklärt ihm alles. Er hat kein einziges Mal geweint, fühlt sich richtig wohl und strahlt immer, wenn er Professor Munier sieht», sagt die Russin.
Zu seiner Mutter meint der Bub: «Ich weiss, dass der Doktor mir hilft und alles richtig macht.» Deswegen mache ihm die Narkosespritze auch keine Angst. «Der Arzt und der Mann, der unsere Behandlung sponsert, sind unsere Helden», sagt Wladimirowa. Wenn alles überstanden ist, will sie Killy einen Dankesbrief schreiben.
Und Rossier sagt zu seinem eigenen Engagement nur: «Wissen Sie, auch in der Diplomatie gibt es nicht nur sinnvolle Aufgaben. Während ich aber diesen Familien helfe, weiss ich stets, dass ich das Richtige tue.»
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