Seit knapp einem Monat ist die Arbeit von Sarah Eggs Spano (47) nicht mehr dieselbe. Sie arbeitet – als erste Frau überhaupt – als Bestatterin in Siders im Zentralwallis. Die zweite Corona-Welle hat sie und ihr Unternehmen voll erfasst. 59 Tote forderte die Pandemie im Kanton in der vergangenen Woche.
Das Telefon klingelt mittlerweile ununterbrochen. Immer wieder kommt die Meldung, dass jemand verstorben ist und bestattet werden soll. Fast jedes Mal ist in diesen Tagen Corona mitschuldig am Tod der Menschen. «Die Situation ist sehr stressig», sagt Eggs zu BLICK.
Särge auf Lager
Die Zahlen sind brutal: Im Schnitt sind über zehn Corona-Opfer pro Tag zu beklagen. Das spüren auch die Bestattungsbetriebe. Patrick Quarroz, Präsident des Walliser Verbandes der Bestattungsunternehmen, schlug am Wochenende in «Le Matin Dimanche» Alarm: «Wir sind komplett überfordert.»
Die Bestatterin sieht das ähnlich. In ihren Lagern stehen deutlich mehr Särge als üblich bereit. Zusammen mit ihrem Vater führt die Walliserin das Familienunternehmen mit drei Ablegern im Kanton. Die Situation mag gut fürs Geschäft sein, doch mit Blick auf die aktuelle Entwicklung sagt sie: «Das macht uns schon Angst.»
Zur Not werden Eishallen zu Kühlkammern
Das Wallis hatte bereits zu Beginn der Epidemie Vorkehrungen für ein mögliches Horrorszenario getroffen. Auch am Flughafen in Sitten stapeln sich derzeit die leeren Särge. Sie sind für Katastrophenfälle vorgesehen.
Bei Bedarf könnten sie auch für die Corona-Toten im Kanton verwendet werden. Zudem besteht der Plan, die Eishallen in den Ortschaften in Kühlkammern umzufunktionieren, sollte die bestehende Infrastruktur nicht mehr ausreichen.
So weit ist es aber noch nicht. Doch vor allem die Übersterblichkeit unter den älteren Menschen bereitet grosse Sorgen. Aktuell sterben im Kanton bei den über 65-Jährigen doppelt so viele Menschen wie im gleichen Vorjahres-Zeitraum. Für Sarah Eggs Spano und ihr Team bedeutet das vor allem Überstunden. «Wir arbeiten alle mehr. Aber wir wollen uns die Zeit fürs Trauern trotz des Drucks nehmen. Das sind wir den Angehörigen schuldig.»