Die Behörden im Kanton Neuenburg haben ein Badeverbot für den Strandabschnitt zwischen der Areuse-Mündung und Colombier verhängt. Zuvor waren sechs Hunde an den Folgen einer Vergiftung gestorben.
Der Grund für die Vergiftungen waren Cyanobakterien – im Volksmund Blaualgen, wie die Neuenburger Kantonspolizei am Freitag mitteilte. Am Nachmittag informierten die Kantonsbehörden in Colombier. Dabei wurde der Befund von den Experten bestätigt.
Schnell eintretender Tod
Ein ähnliches Phänomen hat man am Neuenburgersee noch nie gesehen. Warum die Cyanobakterien derart viele Toxine produzieren, ist unklar. Die Wetterbedingungen waren aber der Bildung der Algen förderlich.
Die Neuenburger Kantonstierärztin Corinne Bourquin appellierte an Tierhalter, mit ihren Tieren keinesfalls an den See zu gehen. Milligramme der Toxine reichten für die Vergiftung eines Vierbeiners, ein Gegengift gebe es nicht, und der Tod trete schnell ein. Weitere tote Tiere gab es am Freitag aber nicht.
Wetterumschwung würde Problem entschärfen
Laurent Kaufmann, der stellvertretende Kantonsarzt, erklärte, Menschen erlitten keine derart schweren Vergiftungen wie etwa Hunde. Todesfälle seien in dem Zusammenhang nicht bekannt. Kantonschemiker Yann Berger sagte, ein Wetterumschwung könnte die Lage entschärfen, indem Bewegung ins Wasser komme. So könnte die Gefahr, die von den Cyanobakterien ausgeht, etwa durch ein Gewitter gebannt werden. Den See gebe man aber erst dann wieder zum Baden frei, wenn alle Zweifel am Verschwinden der Blaualgen ausgeräumt seien.
Die Neuenburger Behörden raten vom Bad im ganzen Neuenburgersee – nicht nur in der Verbotszone – ab. Das Badeverbot gilt seit Freitag. Die Polizei räumte den Strand zwischen der Areuse-Mündung und Colombier vorsichtshalber bereits am Donnerstagabend. Die Badegäste hätten dafür Verständnis gezeigt, wie es heisst.
Warnung auch im Kanton Waadt
Der Anrainer-Kanton Freiburg mahnte an seinen Ufern zur Vorsicht – besonders mit Tieren. Cyanobakterien seien im Freiburger Teil nicht festgestellt worden. Der Kanton überprüft aber derzeit die Badewasserqualität. Auch die Waadt analysierte sofort das Seewasser. Ihr Kantonschemiker rät ebenfalls generell vom Baden ab. Neben den drei Westschweizer Kantonen grenzt auch Bern an den Neuenburgersee. Dort sind bisher, soweit bekannt, keine Massnahmen ergriffen worden.
Blaualgen sind im Süsswasser normal. Sie kommen auch im Salzwasser vor. So gab es schon Algenplagen an verschiedenen Meeresstränden. Normalerweise verursachen Blaualgen keine Probleme. Die Cyanobakterien stellen einen Mix aus verschiedenen Substanzen her, auch giftige. Vorab gehören diese Gifte zur Gruppe der Microcystine. Diese sind leberschädigend.
Hautirritationen, Erbrechen oder Durchfall
Das massenhafte Auftreten der Cyanobakterien – die sogenannte Algenblüte – kann den Badespass in stehenden Gewässern dadurch nachhaltig trüben. Die Bakterien bilden kugelige, gallertartige Kolonien, Teichpflaumen genannt. Das Phänomen gibt es regelmässig bei steigenden Wassertemperaturen. Bekannt dafür sind etwa der Zürich-, Baldegger- oder Greifensee.
Wenn Menschen in einem von Algenblüten betroffenen See baden oder das Wasser schlucken, können schon geringe Mengen an Microcystinen und anderen Giften zu Hautirritationen, Erbrechen oder Durchfall führen.
Wie das Wasserforschungsinstitut der ETH Zürich (Eawag) in einer Studie nachwies, sind Microcystine nur die Spitze des Eisbergs. Mehr als die Hälfte der von Cyanobakterien produzierten Stoffe gehören nicht zur Gruppe dieser Gifte.
Algenblüten sind auch von der Burgunderblutalge bekannt, bei ihr allerdings in Rot und bei Abkühlung des Wassers im Herbst. Seit 2014 tritt das Phänomen vermehrt im Bodensee auf. Planktothrix rubescens ist ebenfalls ein Bakterium. Der deutsche Name geht auf die Schlacht von Murten zurück. Als die Alge blühte, glaubten die Leute, das Blut der gefallenen Burgunder steige im Murtensee auf.
Todesserie auch im Kanton Glarus
Vor rund drei Jahren kam es am Obersee bei Näfels GL zu einem ähnlichen Fall wie am Neuenburgersee, der für Schlagzeilen sorgte. Wie die «Südostschweiz» schrieb, starben im Sommer 2017 unerwartet drei Hunde, nachdem sie am See waren. Als möglicher Grund wurden damals ebenfalls Cyanobakterien verdächtigt.
Am Ende stellte sich jedoch heraus, dass einer der Hunde vergiftet wurde – aber nicht von Cyanobakterien, sondern von einem Hundehasser. Bei einem zweiten Hund konnte eine natürliche Todesursache festgestellt werden. Der dritte wurde nicht untersucht. Aufgrund der Symptome ging man aber ebenfalls von einem Giftköder als Todesursache aus. (bra/noo/SDA)
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