Anthamattens letzte Worte im Adeline-Prozess
«Ich habe unerträgliches Leid verursacht»

Am fünften Tag des Prozesses gegen den Mörder von Sozialtherapeutin Adeline Morel forderte der Anwalt der Opferfamilie lebenslängliche Verwahrung für Fabrice Anthamatten. Die Verteidigung wehrte sich dagegen.
Publiziert: 19.05.2017 um 11:59 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:05 Uhr
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Fabrice Anthamatten nach seiner Verhaftung in Polen.
Foto: Marcin Kokolus

Die Verteidigung von Fabrice Anthamatten hat sich gegen eine lebenslängliche Verwahrung ausgesprochen. Der 42-Jährige wolle sich ändern, sagte sein Verteidiger Yann Arnold.

Er mache sich keine Illusionen über das Schicksal von Fabrice Anthamatten, der wohl lange hinter Gitter bleiben werde, vielleicht bis an sein Lebensende. Sein Mandant wolle sich dennoch von seinen furchteinflössenden Fantasien befreien.

Der Anwalt wies auch den Vorwurf des Vorsatzes zurück. Der Angeklagte habe einzig die Flucht aus dem Gefängnis geplant, nicht aber das Tötungsdelikt. Yann Arnold warf auch die Frage nach dem auf Resozialisierung spezialisierten Zentrum La Pâquerette auf.

«Bis wohin geht die Durchtriebenheit von Fabrice A., und wo beginnen die Nachlässigkeiten der Pâquerette?» fragte er im Saal des Genfer Strafgerichts. Er versuchte damit, den Vorwurf zu entkräften, wonach Anthamatten sämtliche Angestellten getäuscht und manipuliert haben soll.

«Sein Ziel war es, seine Ex-Freundin umzubringen»

Der Gerichtssaal war auch am fünften Tag des Adeline-Prozesses in Genf voll. Der Anwalt der Opferfamilie, Simon Ntah, begann als Erster mit seinem Plädoyer. «Adeline liebte die anderen. Sie studierte Psychologie, um diejenigen zu verstehen, denen sie helfen wollte.»

Fabrice Anthamatten (42) schnitt der Sozialtherapeutin am 12. September 2013 bei einem Freigang die Kehle durch (BLICK berichtete). «Das Spezielle an diesem Fall ist, dass alle erschwerenden Umstände eines Mordes erfüllt sind», sagte Ntah.

Adelines Eltern in Begleitung ihres Anwalts Simon Ntah (rechts) am Montag vor dem Genfer Gericht.
Foto: Keystone/Salvatore Di Nolfi

Anthamatten sass seit 2012 im Resozialisierungszentrum La Pâquerette ein. Vor seinem ersten Freigang versuchte er, eine Karte von Basel zu bestellen. «Sein einziges Ziel war, nach Polen zu flüchten und dort seine Ex-Freundin umzubringen», sagte der Anwalt. «Neun Monate vor dem Mord notierte er sich bereits, dass er auf der Flucht versuchen werde zu töten.»

Scharfe Kritik an Resozialisierungszentrum

Adeline Morel (†34) war Anfang 2013 im Mutterschaftsurlaub. «Anthamatten führte sich immer krasser auf», sagte Ntah in seinem über einstündigen Plädoyer. «Er verfolgte eine polnische Stagiaire. Es gab keinerlei Sanktionen.»

Sechs Monate vor dem Mord sucht Anthamatten im Internet ein leeres Haus in Genf. In dessen Nähe tötete er dann Adeline Morel. «Es hätte jede Frau treffen können. Frauen sind für ihn austauschbar. Anthamatten wird sich niemals ändern.» 

Es sei das erste Mal, dass er einen Fall habe, bei dem das Opfer dem Täter rein gar nichts angetan habe, sagte Ntah. Er kritisierte das Konzept des Resozialisierungszentrums: «Alle hatten jeden Tag Zugang zum Internet. Die Antwort der Direktion war: ‹Man macht eine Riesengeschichte um die Computer. Ich habe aber noch nie ein Messer gesehen, das aus einem Computer kam.›»

Lebenslängliche Haft und lebenslängliche Verwahrung

Die damalige Chefin von La Pâquerette ist seit September 2016 krankgeschrieben. Das Zentrum wurde nach der Tat geschlossen. Anthamatten hatte auf seinem Computer 89 Bilder von Victorinox-Messern gespeichert.

Anwalt Ntah sprach über den Tattag: «Er fesselte Adeline mit einem Foulard so fest an den Baum, dass tiefe Spuren an ihren Handgelenken blieben.»

Ntah schloss sich den Anträgen von Generalstaatsanwalt Olivier Jornot an, der am Donnerstag eine lebenslängliche Freiheitsstrafe und eine lebenslängliche Verwahrung gefordert hatte. Der Prozess wird mit dem Plädoyer der Verteidigung fortgesetzt.

Der Angeklagte Fabrice Anthamatten bat beim letzten Wort, das dem Angeklagten wie üblich am Ende eines Prozesses eingeräumt wird, nicht um Vergebung. Er habe unerträgliches Leid verursacht und wolle nicht weiteres hinzufügen, sagte er, und bekräftigte seinen Willen, sich zu ändern. (btg/gr/SDA)

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