Der Mörder der Genfer Sozialtherapeutin Adeline Morel (†34) steht seit gestern in einem neuen Prozess vor dem Genfer Strafgericht. Der erste Versuch wurde abgebrochen, weil die Gerichtspräsidentin befangen und überfordert war (BLICK berichtete).
Anthamatten schnitt Adeline Morel am 12. September 2013 die Kehle durch. Danach flüchtete der zu 20 Jahren Knast verurteilte Doppelvergewaltiger nach Polen. Nach wenigen Tagen wurde er verhaftet.
Richter Roch weist Anthamatten zurecht
Das neue siebenköpfige Richtergremium wird von Fabrice Roch (47) präsidiert. Der Richter wird «Der Roboter» genannt.
Roch geht zackig vor. Seine Fragen an Anthamatten sind knapp und methodisch. «Antworten Sie nur auf die Fragen, die Ihnen gestellt werden. Ohne Abschweifung oder Details», weist er ihn zurecht. Und gleich zu Beginn: «Rücken Sie etwas nach rechts.» Anthamatten gehorcht, rückt auf der Anklagebank sofort in das richterliche Sichtfeld.
Er trägt ein türkisfarbenes T-Shirt, graue Freizeithosen und weisse Turnschuhe mit blauen Streifen. Zum ersten Prozess war er in Badelatschen gekommen. Er schlägt die Beine übereinander, stützt den Kopf mit der linken Hand ab.
Keine sexuelle Erregung – «aber eine psychische Emotion»
Anthamatten antwortet selbstbewusst auf die Fragen, doch er verstrickt sich in Widersprüche. «Ich habe nicht geplant, sie zu töten. Ich habe keine solchen Fantasien gehabt.» Vor dem Prozess sagte er zwei französischen Gutachtern, er habe die Tat geplant. «Ich plante nur die Flucht nach Polen», sagt er jetzt.
«Haben Sie es genossen, als sie Adeline Morel die Kehle durchschnitten?», fragt der Richter. «Ja», sagt Anthamatten ruhig. Er sei sexuell nicht erregt gewesen. «Aber ich hatte eine psychische Emotion.»
Er zwang Adeline zu einem Zungenkuss, als er sie an den Baum fesselte. Er versucht, kooperativ zu sein: «Das weiss man nur, weil ich es in den Verhören sagte.» Der Richter kontert: «Man hat DNA-Spuren gefunden, die beweisen, dass sie sie unter Zwang küssten.»
«Ich bin nicht jemand, der gesund ist»
Anthamatten ist geständig. «Ich wollte flüchten und meine Ex-Freundin in Polen wieder finden», sagte er. «Die Tat war ein Trieb, der stärker war als ich.»
Der Richter fragt, was er mit seiner polnischen Ex-Freundin vorhatte. «Darauf möchte ich auch Antworten haben», tönt es zurück. Mit dem Klebeband habe er sie unter Kontrolle halten wollen. Er schliesst nicht aus, dass er sie vergewaltigt hätte. «Ich bin nicht jemand, der gesund ist.»
Richter Roch fragt: «Würden Sie sie auch heute noch vergewaltigen?» – «Ja, aber nicht sofort. Ich bin noch nicht bereit dazu», sagt Anthamatten. Ein Raunen geht durch den Saal.
«Könnten Sie heute wieder töten?», fragt der Richter. «Sicher nicht», sagt der Adeline-Killer. Und schockt weiter: «Ich bin fasziniert vom Moment, wenn Leben erlischt.»
Der Killer kaufte auf dem Weg zu einer Reittherapie ein Messer, die Tatwaffe. «Wieso kauften Sie ein Messer?», will der Richter wissen. «Um Adeline einzuschüchtern», sagt Anthamatten. «Sie war die Sozialtherapeutin, die am leichtesten zu manipulieren war.»
Nach über vier Stunden endet die Befragung. Wann das Urteil fällt, steht noch nicht fest.