Wer abgewiesenen Asylbewerbern hilft, riskiert nicht viel
Darf man Flüchtlinge verstecken?

Ein Asylsuchender soll ausgewiesen werden. Als die Polizei ihn abholen möchte, ist er aber nicht auffindbar. Der Grund: Eine Schweizer Privatperson hat sich bereit erklärt, ihn bei sich oder an einem anderen Ort wohnen zu lassen, um die Abschiebung zu verhindern. Macht die helfende Person sich strafbar?
Publiziert: 20.09.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 03:37 Uhr
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Zuflucht für Flüchtlinge: In Lausanne besorgt eine Unterstützergruppe zahlreichen Flüchtlingen Verstecke. In Basel machte Anfang Jahr die Matthäuskirche Schlagzeilen, als dort über Wochen eine Flüchtlingsgruppe Zuflucht fand. Nach Protesten schritt die Polizei ein und beendete das Kirchenasyl.
Foto: HANS-JÖRG WALTER
sfs

Manche sehen in ihr eine furchtlose Lebensretterin. Andere fordern harte Massnahmen wegen ihres «Akt des zivilen Ungehorsams». Giovanna Blanc * (70) hilft abgewiesenen Asylsuchenden, in einer Lausanner Kirche unterzutauchen und so der drohenden Abschiebung zu entgehen (BLICK berichtete).

In der ganzen Schweiz leben laut der Beratungsstelle Sans Papiers bis zu 250'000 Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus. Einige erhalten Unterstützung von Freiwilligen wie Giovanna Blanc. Nach Artikel 116 des Schweizer Ausländergesetzes müsste solches Handeln mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet werden. Im Knast ist aber noch niemand gelandet. Im Gesetzestext heisst es: «In leichten Fällen kann nur auf Busse erkannt werden.»

2004 wurde eine Tessinerin, die mehrere papierlose Ecuadorianer illegal auf ihrem Bauernhof beherbergte, zu einer Busse verurteilt: 200 Franken plus Gerichtskosten. Es wird zudem unterschieden, ob man im Geheimen agiert oder die Behörden wissen lässt, wo sich die Flüchtlinge aufhalten.

Symbolischer Schutz: Kirchenasyl

Am meisten Erfolg verspricht das Kirchenasyl. «Es handelt sich dabei um einen symbolischen Schutz», sagt Bea Schwager (55) von der Anlaufstelle Sans Papiers. «Es ist zwar nicht mehr im Gesetz verankert, aber Behörden haben aus traditionell-historischen Gründen eine höhere Hemmschwelle, einen spirituellen Ort zu durchsuchen.»

Dass die Kirche keine Garantie geben kann, zeigt ein Vorfall von Anfang Jahr. Die Polizei nahm nach einer Durchsuchung in der Basler Matthäuskirche acht Asylsuchende fest, die dort beherbergt worden waren.

Der St. Galler SVP-Nationalrat Lukas Reimann (34) sieht in dieser Art Flüchtlingshilfe kein Kavaliersdelikt. Er fordert eine härtere Bestrafung: «Eine Geldbusse für Helfer finde ich viel zu mild. Denn hier werden unsere Asylgesetze sowie die Aus­länderpolitik klar untergraben.»

Dabei scheint diese Hilfe kein neuer Trend, sondern fast Teil der Schweizer Geschichte zu sein: Heidi und Peter Zuber wurden in den 80er- und 90er-Jahren über die Landesgrenzen hinaus bekannt, weil sie Tausende abgeblitzter Flüchtlinge aufgenommen und versteckt hatten.

Zubers bekamen im Laufe der Jahre Hunderte Morddrohungen. 1995 aber erhielten sie den Preis für Menschlichkeit. Und 1996 benannte Ostermundigen BE eine Strasse nach Peter Zuber.

* Name von der Red. geändert

Flüchtlinge fliehen vor Feuer

Moria (Griechenland) – Das Aufnahmezentrum Moria auf der Ägäisinsel Lesbos gehört zu den grössten Flüchtlingslagern in Griechenland. Ein Feuer trieb gestern Abend Tausende Asylsuchende in die Flucht. Zwischen 3000 und 4000 Flüchtlinge sollen das Lager verlassen haben. Das Feuer war laut Polizei möglicherweise absichtlich gelegt worden, starke Winde hatten die Flammen immer wieder angefacht. Rund 150 Minder­jährige aus dem Lager wurden in eine Einrichtung für Kinder auf der Insel gebracht.

Bilder auf Twitter zeigen brennende Unterkünfte im Flüchtlingslager auf Lesbos.
Bilder auf Twitter zeigen brennende Unterkünfte im Flüchtlingslager auf Lesbos.
Twitter

Moria (Griechenland) – Das Aufnahmezentrum Moria auf der Ägäisinsel Lesbos gehört zu den grössten Flüchtlingslagern in Griechenland. Ein Feuer trieb gestern Abend Tausende Asylsuchende in die Flucht. Zwischen 3000 und 4000 Flüchtlinge sollen das Lager verlassen haben. Das Feuer war laut Polizei möglicherweise absichtlich gelegt worden, starke Winde hatten die Flammen immer wieder angefacht. Rund 150 Minder­jährige aus dem Lager wurden in eine Einrichtung für Kinder auf der Insel gebracht.

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