Wenn Antibiotika nicht mehr wirken
Viren als Lebensretter

Die grösste Gesundheitsgefahr unserer Zeit – gleich nach Corona – ist die zunehmende Resistenz von Bakterien. Forscher in Zürich arbeiten an einer Lösung.
Publiziert: 06.06.2021 um 10:21 Uhr
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Aktualisiert: 06.06.2021 um 16:00 Uhr
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Bakterien: Seit etwa 100 Jahren bekämpft man sie erfolgreich mit Antibiotika. Nun werden sie zunehmend resistent.
Foto: higgs
Eliane Eisenring

Kommende Woche treffen sich die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrienationen der westlichen Welt zum Gipfel in der englischen Grafschaft Cornwall. Natürlich steht Corona auf der Traktandenliste der G7 – aber auch eine weitere Gefahr für die menschliche Gesundheit.

Die Antibiotika-Resistenz könnte uns in Zukunft sogar noch mehr Probleme bereiten als die derzeitige Pandemie. Schon seit Jahren warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor Bakterien, die zunehmend gegen Penicillin und andere Antibiotika immun sind – was unter anderem mit deren übermässigem Gebrauch zusammenhängt.

Post-Antibiotische Ära

«Wenn wir nicht handeln, steuern wir auf eine post-antibiotische Ära zu, in der einfache Infektionskrankheiten und Verletzungen wieder töten können», warnt die WHO. Und fordert dringend die Entwicklung von Alternativen zu Antibiotika.

Eine davon hat die Hochschulmedizin Zürich in petto, ein Verbund von Universität und ETH. Das Team um die Professoren Onur Boyman (46), Thomas M. Kessler (46) und Martin Loessner (58) forscht an Viren, sogenannten Bakteriophagen, die schädliche Bakterien töten. Ausnahmsweise sind Viren also mal die Guten. Eigentlich seien diese sogenannten Bakterienfresser nichts Neues, erklärt Kessler. Sie wurden schon vor hundert Jahren eingesetzt. Mit der Entdeckung von Antibiotika in den 1920er-Jahren jedoch gerieten sie beinahe in Vergessenheit.

Mit Viren gegen Bakterien

Bis jetzt. Vor fünf Jahren starteten Kessler und sein Team ein Projekt mit Forschern aus Tiflis in Georgien. Anders als in vielen westlichen Ländern forschte man in der Sowjetunion und deren Nachfolgestaaten weiter an dieser Technik. Tests zeigten: Bei der Bekämpfung von Bakterien sind Viren fast genauso wirksam wie Antibiotika.

Acht Forschungsgruppen der Universität Zürich, der ETH Zürich, des Universitätsspitals Zürich und der Universitätsklinik Balgrist haben sich daher im Projekt «ImmunoPhage» zusammengeschlossen. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist die Züchtung von Viren, die speziell auf ein Bakterium abgerichtet sind. Zum Beispiel auf Escherichia coli (Kolibakterien), die auch Blasenentzündungen auslösen können.

«Wir wollen nicht nur das Bakterium töten, sondern auch eine nachhaltige Therapie erarbeiten», erklärt Onur Boyman von der Universität Zürich und der Klinik für Immunologie am Unispital. «Deshalb mussten wir einen Weg finden, um zu verhindern, dass die Blase wieder infiziert wird. Bei ImmunoPhage werden darum nicht nur die Bakterien getötet, sondern gezielt auch das Immunsystem gestärkt.»

Auch Impfungen als Ersatz

Bakteriophagen sind nicht die einzige Alternative zu Antibiotika. Auch Impfungen kommen infrage. Schon heute gibt es Vakzine gegen Harnwegsinfektionen. Und der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson arbeitet an einem weiteren Impfstoff gegen das Bakterium Escherichia coli.

Thomas M. Kessler glaubt nicht, dass dies einen grossen Durchbruch bringen wird – im Gegensatz zu seinem eigenen Forschungsprojekt: «Der Vorteil von Bakteriophagen ist, dass sie massgeschneidert sind. Sie schalten die schädlichen Bakterien gezielt aus und stärken das Immunsystem, damit man künftig geschützt ist.»

Antibiotika-Resistenz nicht unterschätzen

Weil sich die exzessive Nutzung von Antibiotika während der Corona-Pandemie nochmals verstärkt hat, stehe das Thema auch auf der Agenda des G7-Gipfels, sagt Tim Walsh, Direktor eines Forschungsinstituts an der Universität Oxford, in der Tageszeitung «Telegraph». «Die Leute haben verstanden: Wenn wir der Antibiotika-Resistenz nicht Einhalt gebieten, wird es Covid aussehen lassen wie ein Sonntags-Picknick – in Bezug auf Menschenleben wie auch ökonomisch.»

Umso wichtiger könnte der Ansatz von ImmunoPhage sein. Derzeit sind Bakteriophagen in der Schweiz nicht zugelassen. Das liege hauptsächlich an fehlenden Studien, sagt Kessler. Aber: «Wir arbeiten mit Swissmedic daran, Bakteriophagen-Therapien näher an den Patienten zu bringen und in einem zweiten Schritt dann auch in der Schweiz anwenden zu können.»

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