Die Pedemontana Lombarda ist tückisch. Autofahrer, die bei Varese die Ausfahrt Cassano Magnago in Richtung Mailand nehmen, geraten automatisch in die Falle der ersten Hightech-Autobahn Italiens. Sensoren lesen die Kennzeichen und legen die Gebühren fest. Gezahlt wird daheim über ein Onlineportal – anhalten muss niemand mehr. Doch auch so mancher, der das 22 Kilometer lange Autobahnstück der A36 gar nicht benutzt, muss blechen. Im Fall von Sergio Marazza (37) wurde die Bezahlautobahn zur Bschiss-Autobahn.
«2016 bekam ich die erste unangenehme Post aus Italien, Zahlungsaufforderungen für nicht bezahlte Maut-Beträge», erzählt der Kleinunternehmer aus Losone TI. Angeblich sei das Kennzeichen seines Lieferwagens (TI 61404) gleich mehrfach am digitalisierten Autobahnstück registriert worden. Da die Rechnungen auf über ein Jahr zurückdatiert waren, konnte Marazza nicht ausschliessen, dort entlanggefahren zu sein – und zahlte. Das berichtet Ticinonews.
Tessiner Töfffahrer fährt mit gleichem Kennzeichen herum
Es folgen weitere Mahnungen. Dutzende. Jeden Monat. «Die Inkasso-Unternehmen kassierten dann immer 300 Prozent der eigentlichen Autobahngebühr. Das waren wirklich freche Summen.» Marazza wundert und ärgert sich. «So oft bin ich ja gar nicht in Italien», sagt er. Dennoch zahlt der Tessiner brav weiter. «Alle Mahnungen zusammengerechnet, habe ich insgesamt über 1000 Franken ausgegeben.»
Als Zahlungsaufforderungen für das Jahr 2017 eintrudeln, stutzt der junge Mann: «Da war ich gar nicht in Italien.» Jetzt hat er einen Verdacht: Fährt jemand mit dem gleichen Kennzeichen herum? Tatsächlich: Marazza findet einen Töfffahrer im Tessin mit dem gleichen Nummernschild. Motorräder und Autos können in der Schweiz die gleiche Nummer haben. Die Pedemontana jedoch registriert nur ein Kennzeichen – und das läuft auf seinen Namen. Ist der Biker der eifrige Autobahnnutzer? «Ich habe ihn angesprochen. Doch er wollte mir die Zahlungen natürlich nicht erstatten», sagt der Betroffene.
Pedemontana reagiert nicht auf Beschwerde
Marazza beschwert sich bei der Autobahnbetreiberin, sendet alle Unterlagen und Beweise ein. Vergebens. Als Antwort schickt sie ihm eine Bedienungsanleitung für die Online-Bezahlung – die, so der 37-Jährige, «nicht einmal funktioniert».
Ansonsten null Reaktion – und kein Geld zurück. «Ich habe dann beim Verkehrsamt im Tessin angefragt, ob ich kostenfrei meine Kennzeichen wechseln könnte.» Das wurde abgelehnt. Wenn, dann auf seine Kosten.
«Ich fühle mich betrogen und alleingelassen»
Sergio Marazza ist niedergeschlagen. «Ich fühle mich betrogen und alleingelassen. Selbst mein Anwalt sagte mir, sich zu wehren, habe überhaupt keinen Sinn.»
Die Mahnungen flattern munter weiter ins Haus Marazza. «Die wandern jetzt ungeöffnet in den Papierkorb», sagt er resigniert, «ich kann ja nicht immer weiterzahlen für jemand anderes.» Doch seine Sorge: «In Italien bin ich nun ein Zechpreller. Wenn ich dort an der Grenze kontrolliert werde, können die mir mein Auto beschlagnahmen und mich festnehmen.»
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