Wegen weltweiter Epidemie telefoniert das BAG Flugpassagieren hinterher
Bei Anruf Masernangst!

Zurzeit werden wieder vermehrt Masern in die Schweiz importiert. Auch zwei Todesfälle hat es schon gegeben. Um die Verbreitung zu verhindern, kontaktiert das BAG sämtliche Passagiere, die mit Kranken in einem Flieger sassen. Und das sind viele!
Publiziert: 03.05.2019 um 23:56 Uhr
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Typisch Masern: Flecken am ganzen Körper.
Foto: Shutterstock
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Guido FelderAusland-Redaktor

Die Masern sind zurück – und wie! In der Schweiz hat die Krankheit dieses Jahr schon zwei Tote gefordert, einen 30- und einen 70-jährigen Mann. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) stellt fest: Bis Ende April gab es bisher 155 Erkrankungen – sieben Mal mehr als in der Vorjahresperiode!

Die Zunahme in der Schweiz ist eine direkte Folge der massiv steigenden Anzahl Fälle weltweit. Wegen zu wenig geimpfter Personen bricht die Krankheit immer wieder aus. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich die Anzahl Masernkranker in den ersten drei Monaten dieses Jahres gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr auf 112’000 vervierfacht.

Eine tickende Zeitbombe

An mehreren Orten gibt es Krisenherde. Auf den Philippinen sind schon 355 Menschen gestorben. Aus Angst vor einer Übertragung haben die Behörden der Karibikinsel St. Lucia das Scientology-Kreuzfahrtschiff Freewinds mit 300 Personen an Bord unter Quarantäne gestellt. In den USA mussten mehrere Schulen geschlossen werden. In Grossbritannien redet man wegen einer halben Million ungeimpfter Kinder von einer «tickenden Zeitbombe».

Masern-Viren kann man sich über Speicheltröpfchen in der Luft einfangen. Daniel Koch (64), Leiter der Abteilung übertragbare Krankheiten beim BAG, erklärt gegenüber BLICK: «Weil viele Schweizer mit Impflücke reisen, werden auch entsprechend viele Fälle importiert.» Bedenklich: Eine Impflücke weisen vor allem reisefreudige Personen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren auf.

Ganze Passagierlisten durchkämmen

Um die Verbreitung des Erregers zu verhindern, nimmt das BAG nun besonders Flugzeuge ins Visier. Bei jeder Maschine, in dem ein Masernfall festgestellt wird, verlangt das BAG die komplette Passagierliste. «Wir informieren jeden einzelnen Reisenden darüber, dass er mit einem Masern-Betroffenen im Flugzeug sass und möglicherweise angesteckt wurde», sagt Daniel Koch.

Weil das schnell gehen muss, werden die Passagiere nach Möglichkeit telefonisch kontaktiert. Bei im Ausland wohnhaften Personen informiert das BAG die entsprechenden Behörden.

In diesem Jahr hat das BAG bereits die Passagierlisten von zehn betroffenen Fliegern abtelefoniert. Koch: «Zurzeit sind wir gerade am Bearbeiten einer A380-Liste.» Eine Mammut-Aufgabe, denn in einem solchen Grossraumflugzeug haben bis zu 850 Personen Platz.

Impfen, auch wenn man vielleicht schon geimpft ist

Koch betont, dass die Masern nur eliminiert werden können, wenn mindestens 95 Prozent der Kinder sowie alle nach 1963 geborenen Erwachsenen mit zwei Dosen geimpft werden. Koch empfiehlt daher, sich unbedingt impfen zu lassen, auch dann, wenn man nicht sicher ist, ob man die Masern schon gehabt hat. «Nebenwirkungen sind höchst selten, und wenn es welche gibt, dann sind sie meistens harmlos.»

Experte Koch schätzt, dass sich die Lage gegen den Sommer hin etwas beruhigen wird. Weil dann auch im Ausland die Schulen geschlossen sind, kann die Krankheit weniger schnell übertragen werden.

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