Eine Junglenkerin soll mächtig aufs Gaspedal gedrückt haben, als sie in die Radarfalle tappte. Laut der Staatsanwaltschaft war die 19-jährige Beschuldigte mit dem Land Rover ihres Vaters bei Sargans SG unterwegs und wurde um vier Uhr morgens mit 215 km/h geblitzt, wie das «St. Galler Tagblatt» berichtet.
Für das Raser-Delikt musste sich die Angeklagte daraufhin vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft forderte 14 Monate Haft, bedingt auf zwei Jahre. Denn die Frau habe mit ihrem Verhalten andere Verkehrsteilnehmer erheblich gefährdet. So habe sie Tote und Schwerverletzte bewusst in Kauf genommen, wie es in der Anklageschrift heisst.
Die Angeklagte selbst wollte sich jedoch bei keiner Instanz zu den Vorwürfen äussern und hüllte sich in eisernes Schweigen. Das Gericht musste sich also auf Beweismittel verlassen.
Verwechslungsgefahr mit Schwester
Und hier kam der Verteidiger der Angeklagten ins Spiel. Er hatte ein Foto ihrer Schwester eingereicht und so Verwirrung gestiftet. Brisant: Die Schwester sieht der mutmasslichen Delinquentin nämlich zum Verwechseln ähnlich. Der Anwalt machte dabei einen geschickten Schachzug, denn das Radarbild war das entscheidende Beweismittel im Verfahren. Allerdings: Das offizielle Blitzerfoto war unscharf und reichte für eine eindeutige Identifizierung der Täterin nicht aus.
So blieb unklar, welche der beiden Schwester nun am Steuer gesessen hatte. Beide hätten laut dem Vater nämlich die Möglichkeit, sein Fahrzeug zu steuern. Eine von beiden musste es also gewesen sein.
Die junge Frau wurde vom Kreisgericht freigesprochen, denn in einem modernen Rechtsstaat gilt: In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten.
Offenbar scheint die gefährliche Straftat bei den Schwestern nicht zu einem schlechten Gewissen geführt zu haben. Rund ein halbes Jahr später geriet die Freigesprochene erneut in die Fänge der Polizei. Diesmal war sie ohne Führerschein unterwegs. Hierfür konnte sie belangt werden, sie kassierte eine bedingte Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen à 30 Franken. (ene)