Was sie kostet, was sie bringt
Ist die Kuh ein Goldesel?

Publiziert: 13.10.2005 um 23:30 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 00:18 Uhr
Werner Bucher und Beat Schmid
ST. GALLEN – Finanzminister Hans-Rudolf Merz mag Kühe. Das demonstrierte er gestern an der Olma. Und die Bauern mögen Merz. Denn er sorgt dafür, dass die Rechnung für sie aufgeht.

Otto Weisshaupt (47) aus Gossau SG ist mit seinem Braunviehrind «Reisi» an der Olma vertreten. Sie wird bald Milch geben. Weisshaupt rechnet mit 6000 und mehr Kilo im Jahr. Der Feldhofbauer besitzt 20 Kühe und 30 Stück Jungvieh. Pro Kalb, das er verkauft, verdient Weisshaupt rund 400 Franken – wenn es gesund ist. «Sina», sein bestes Stück, hat schon sieben Kälber gebracht.

Stolz führt auch Claude Bieri (40) aus Avully GE seine «Laguna» vor. Die Sechsjährige bringt ihm rund 6300 Kilo Milch. Dreimal hat sie schon gekalbt. Als Grossbauer hält er auf seinem Hof 75 Milchkühe und 240 Rinder. Doch reich werden die Kuhhalter nicht.

Hansruedi Hottinger vom Strickhof in Lindau ZH rechnet vor: Der Anschaffungspreis einer Kuh beträgt rund 3500 Franken. Sie ist typischerweise 30 Monate alt und wird in Kürze ihr erstes Kalb werfen. Sie wird dem Betrieb 7000 Liter Milch pro Jahr abliefern. Zieht man davon 500 Liter ab, die ans Kalb gehen, bleiben dem Bauer 6500 Liter. Macht beim aktuellen Literpreis von 70 Rappen 4550 Franken.

Dazu kommen Erlöse für die Kälber. Eine Kuh kalbert einmal pro Jahr. Beim Metzger bringt ein Kalb 400 Franken. Total nimmt der Bauer pro Kuh jährlich 4950 Franken ein. Dem stehen jährliche Kosten von 3555 Franken gegenüber.

Grösster Kostenpunkt ist das Futter. Pro Jahr frisst eine Kuh 20 Tonnen Gras, Heu und Kraftnahrung. Das kostet 2555 Franken. Damit sie genügend Milch produziert, muss der Bauer Land in der Grösse eines Fussballfelds einrechnen (0,6 Hektaren).

Dazu kommen die Kosten für den Tierarzt: 300 Franken pro Jahr. Darin eingerechnet sind die Kosten fürs «Besamen» (100 Franken). «Damit es klappt, muss eine Kuh 1,7-mal besamt werden», weiss Hottinger vom Strickhof. Die Gebäudekosten schlagen mit 700 Franken pro Kuh zu Buche.

Und weiter mit der Rechnerei: Eine Kuh bringt dem Hof unter dem Strich einen «Betriebsgewinn» von 1395 Franken. Nun muss der Bauer die «Investition» Kuh aber noch amortisieren. Bringt er sie 3,5 Jahre nach dem Kauf zum Metzger, bekommt er noch 1500 Franken. Er macht also einen Abschreiber von 2000 Franken. Aufs Jahr gerechnet macht dies 570 Franken pro Kuh. Dem Bauern bleiben folglich 825 Franken pro Kuh und Jahr.

Das macht deutlich: Ohne den Bund kommt der Bauer auf keinen grünen Zweig. Vom Staat erhält er jährliche Direktzahlungen von 900 Franken pro Kuh. Weitere 180 Franken gibt es, wenn der Bauer dem Tier regelmässigen Auslauf gewährt. Dazu kommen 1200 Franken pro Hektar Land oder 600 Franken pro Kuh. Und wer das Tier ökologisch sinnvoll hält, erhält nochmals 90 Franken. Macht 1770 Franken pro Kuh.

Zusammen mit den oben erwähnten 825 Franken kommt der Bauer so auf einen Verdienst von 2595 Franken pro Kuh und Jahr – dank der Hilfe des Staates.

Bauer Otto Weisshaupt zeigt seine «Reisi»: Ohne Subventionen würde er mit ihr 825 Franken pro Jahr erwirtschaften – zu wenig zum Leben. Mit der Staatshilfe kommt er immerhin auf 2595 Fr.
Bauer Otto Weisshaupt zeigt seine «Reisi»: Ohne Subventionen würde er mit ihr 825 Franken pro Jahr erwirtschaften – zu wenig zum Leben. Mit der Staatshilfe kommt er immerhin auf 2595 Fr.
Werner Bucher
In der gedruckten Ausgabe
Keine gibt mehr Milch als «Morchel»
Bauer Otto Weisshaupt zeigt seine «Reisi»: Ohne Subventionen würde er mit ihr 825 Franken pro Jahr erwirtschaften – zu wenig zum Leben. Mit der Staatshilfe kommt er immerhin auf 2595 Fr.
Bauer Otto Weisshaupt zeigt seine «Reisi»: Ohne Subventionen würde er mit ihr 825 Franken pro Jahr erwirtschaften – zu wenig zum Leben. Mit der Staatshilfe kommt er immerhin auf 2595 Fr.
Werner Bucher
Keine gibt mehr Milch als «Morchel»
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