Im Jahr 1964 war eine Umfrage ein revolutionäres, geradezu subversives Projekt. Breit angelegte Meinungsumfragen gab es damals noch nicht, weder vor noch nach Abstimmungen, die als alleiniger Gradmesser der helvetischen Befindlichkeit galten.
Der Staat und seine Behörden gebärdeten sich gottgleich, Widerspruch oder Kritik kamen einem Sakrileg gleich. Also schritt der Bundesrat ein, als Forscher im Vorfeld der Expo 64 eine umfassende Umfrage in Auftrag gaben. Er strich den Fragenkatalog drastisch zusammen, formulierte Fragen neu und verbot die Publikation der Umfrageresultate – die heute grossteils verschollen sind.
Heute herrscht die Demoskopie-Demokratie. Das Festival de la Cité Lausanne spielt zum 50-Jahr-Jubiläum der Expo 64 die Umfrage noch einmal durch. Point de Suisse heisst das Projekt mit 25 Fragen, die das Umfrageinstitut Management Tools einem repräsentativen Sample von 1000 Schweizerinnen und Schweizern vorlegte. Sie bilden den Mainstream der Schweizer Bevölkerung ab.
Das Bild ist teilweise erstaunlich: Zwar sind drei Viertel der Befragten gebürtige Schweizerinnen und Schweizer, aber weniger als die Hälfte ist rein schweizerischer Herkunft, hat also vier Schweizer Grosseltern. Fast ein Viertel dagegen sind Neo-Schweizer, die gar keine schweizerischen Grosseltern haben.
Ambivalent ist das Verhältnis zu Ausländern trotzdem: Für 70 Prozent der Befragten liefern sie einen Beitrag ans Schweizer Erfolgsmodell – trotzdem wollen den Einwanderern mehr als die Hälfte der Befragten auch nach fünf Jahren in der Schweiz kein Stimmrecht geben.
Ein Widerspruch, findet der Soziologe Olivier Moeschler von der Uni Lausanne, und «erstaunlich für ein Land, in dem ausländische Einflüsse so stark sind». Frappant sind für ihn aber vor allem die Resultate aus dem Tessin: Sie halten die Schweizer Werte am höchsten – «das sind richtige Überschweizer, fast Karikaturen von Schweizern».
Weitere Ergebnisse sind weniger erstaunlich: Die Parteipräferenzen entsprechen dem Wahlverhalten. 85 Prozent wollen nicht in die EU. Drei Viertel der Befragten sind glücklich.
Für ebenso viele steht die Familie zuoberst. Ebenfalls drei Viertel wollen nicht, dass der Bund einer Gemeinde ein Asylzentrum aufzwingen kann, und zwei Drittel würden keinen Flüchtling zu Hause aufnehmen. Das stimmt mit anderen Umfragen überein.
Und wo stehen Sie? Ab Dienstag können auch Sie mitmachen und Ihre Antworten mit denen des repräsentativen Schweizer Durchschnitts vergleichen. Im Internet unter www.pointdesuisse.ch/umfrage/