Am Mittwoch beschloss der Bundesrat, dass Grossanlässe mit mehr als 1000 Menschen ab Oktober wieder erlaubt sind. Zwei Tage später wurde bekannt: Der Berner Zibelemärit, der am 23. November stattfinden sollte, fällt in diesem Jahr aus. Wegen der «immensen Besucherzahlen» sei es nicht möglich, den Schutz vor Ansteckungen zu gewährleisten, so die Begründung der Berner Stadtregierung.
Das Beispiel zeigt: Die Aufhebung der 1000er-Grenze bedeutet keineswegs, dass die Schweiz in den kommenden Monaten wieder zur Festhütte wird. Für die Organisatoren von Grossanlässen ist die bundesrätliche Lockerung alles andere als ein Freibrief.
Nicht nur Fussball- und Eishockeyklubs oder grosse Konzertveranstalter wie das Zürcher Hallenstadion müssen aufwendige Corona-Schutzmassnahmen ergreifen, wenn sie ihre Tore wieder öffnen wollen. Auch die Organisatoren von Stadtfesten, Volksläufen und Weihnachtsmärkten müssen detaillierte Schutzkonzepte erarbeiten – und eine Bewilligung des jeweiligen Kantons beantragen.
Schwierige Vorgaben
Die schwierigste Vorgabe: Die Veranstalter müssen gewährleisten, dass sich nachverfolgen lässt, wer mit wem über einen längeren Zeitraum Kontakt hatte. Nur so können Gäste, die bei einem Anlass mit einem Corona-Infizierten in Berührung gekommen sind, sicherheitshalber in Quarantäne geschickt werden.
Viele Organisatoren von Grossveranstaltungen, die im Oktober oder später stattgefunden hätten, haben deshalb längst die Segel gestrichen: Basler Herbstmesse, Lozärner Määs sowie die Olma in St. Gallen wurden schon vor Wochen abgesagt. Daran hätte sich wohl auch nichts geändert, wenn die Aufhebung der 1000er-Grenze schon früher bekannt geworden wäre. Olma-Direktorin Christine Bolt: «Märkte und Messen sind schon seit Juni nicht mehr grundsätzlich verboten. Es müssen aber entsprechende Abstands- und Contact-Tracing-Regeln eingehalten werden können. An der Olma ist das unmöglich.»
Ähnlich klingt es bei den Veranstaltern von Oktoberfesten. «Eine Ausführung wäre in unseren Augen unverantwortlich – weder mit Schutzkonzepten noch mit weniger Leuten», so die Verantwortlichen der Züri Wiesn im Hauptbahnhof Zürich. Auch der Verein Silvesterzauber Zürich, der zum Jahreswechsel jeweils das Feuerwerk über dem See organisiert, dämpft die Lockerungs-Euphorie. Es sei nicht zu verantworten, wie bisher ein grosses pyrotechnisches Spektakel über dem See zu zünden und mehr als 150'000 Personen am Seebecken zu versammeln. Der Verein arbeite aber an einem alternativen Konzept.
Ob und wie der Zürcher Silvesterlauf stattfinden wird, entscheidet sich kommende Woche. 20'000 Läuferinnen und Läufer in der Zürcher Altstadt seien aber unrealistisch, so OK-Präsident Corsin Caluori. «Falls es in diesem Jahr einen Silvesterlauf gibt, dann in einer der Situation angepassten Form.»
Lauberhorn ohne Fans?
Auf Änderungen gefasst machen müssen sich auch passive Sportfans: Die Ski-Weltcuprennen in Adelboden BE fänden zwar im Januar «definitiv» statt, betont der Geschäftsführer des Events. Form und Ausprägung würden aber erst in den nächsten Wochen definiert. Auch Ski-Klassiker ohne Zuschauer sind nicht ausgeschlossen. «Dies sind wir am Prüfen», teilt der Chef der Lauberhornrennen mit.
Grund zum Optimismus gibt es derweil für die Liebhaber von Weihnachtsmärkten. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt hat diese Woche grünes Licht gegeben für die Durchführung des Weihnachtsmarkts – mit Besucherobergrenze und Zugangskontrollen. Die Aargauer Stadt Baden will den Weihnachtsmarkt ebenfalls durchführen – inklusive dem grossen Wunderdorf.
Und auch für den Christchindli-Märt in Bremgarten AG – mit über 300 Ausstellern der grösste Weihnachtsmarkt der Schweiz – gibt es noch Hoffnung. Vereinspräsidentin Sabina Glarner: «Es ist unser Wunsch, den Markt durchführen zu können – jedoch nicht um jeden Preis.» Man arbeite schon seit einiger Zeit an einem Schutzkonzept. Dieses müsse aber erst noch vom Kanton geprüft und bewilligt werden.
Für das traditionelle Klausjagen in Küssnacht SZ, das jährlich rund 20'000 Besucher anzieht, laufen die Vorbereitungen ebenfalls. Der zuständige Vorstand der St. Niklausengesellschaft betont: «Das Klausjagen wird stattfinden – in irgendeiner Form!»
Organisierte Narrenfreiheit
Das gleiche Motto haben die Fasnächtler in Basel und Luzern. «Ich rechne damit, dass es eine Luzerner Fasnacht gibt. Ob es die Fasnacht ist, die wir bisher kannten, weiss ich nicht», sagte kürzlich ein Mitglied des Luzerner Fasnachtskomitees gegenüber dem Newsportal «Zentralplus». In Basel klingt es ähnlich.
Die Fasnachtshochburgen haben aber ein gemeinsames Problem: Normalerweise lebt die Fasnacht davon, dass das meiste nicht organisiert ist. In Corona-Zeiten wird sich die Narrenfreiheit aber nicht komplett aufrechterhalten lassen.