Die Corona-Pandemie hat auch vor Schlachthäusern nicht Halt gemacht. Der Skandal rund um den deutschen Billigfleisch-Hersteller Tönnies in Rheda-Wiedenbrück (D) hat international hohe Wellen geschlagen.
Innert kurzer Zeit haben sich wegen mangelnder Hygiene- und Arbeitsbedingungen über 1500 der rund 6000 Angestellten der Tönnies-Belegschaft mit dem Coronavirus infiziert. In der Folge wurde über die zwei Nordrhein-westfälischen Landkreise Gütersloh und Warendorf der Lockdown verhängt. Der Billigfleisch-Betrieb wurde vorläufig dichtgemacht.
Deutschland feiert Fleischbetriebe in der Schweiz
Zu derartigen Horrorzuständen ist in der Schweiz nicht gekommen. Grund genug für deutsche Medien, von den guten Zuständen in Schweizer Schlachtbetrieben zu schwärmen, wie ein Focus-Online-Bericht nun zeigt.
Dabei wird auf einen BLICK-Bericht zur Situation in Schweizer Schlachtbetrieben verwiesen. Bei Micarna, einem der führenden Fleischverarbeiter der Schweiz, gab es nur eine geringe Anzahl an Corona-Fällen. «Von insgesamt 3000 Mitarbeitenden war in den vergangenen fünf Monaten rund ein Dutzend betroffen. Mittlerweile sind alle Betroffenen wieder gesund und zurück bei der Arbeit», sagte Marcel Schlatter, Sprecher der Migros-Tochter Micarna, vergangene Woche.
Ähnlich stellt sich die Situation auch beim Schweizer Marktführer dar, dem Basler Fleischverarbeitungs-Unternehmen Bell, das rund 12'000 Angestellte beschäftigt. Dort wurden auch nur vereinzelte Corona-Fälle bei Belegschaft festgestellt. Diese sind, wie Bell-Sprecher Fabian Vetsch ebenfalls im BLICK erklärte, «im privaten Umfeld erfolgt und standen nicht im Zusammenhang mit der Arbeitssituation in unseren Betrieben».
Sammelunterkünfte als Infektionsherd
Doch wie kommt es, dass es in der Schweiz bisher keine grossflächigen Virusausbrüche in Schlacht- und Fleischbetrieben gab?
Zwar werden auch in den rund 700 Schweizer Fleischbetrieben zahlreiche Menschen aus Osteuropa gegen eine relativ niedrige Bezahlung beschäftigt – ähnlich wie bei Tönnies. Doch mit einem markanten Unterschied. Die Branche unterliegt laut dem Schweizer Fleisch-Fachverband (SFF) den Gesamtarbeitsverträgen – auch für Angestellte von Subunternehmen.
Einer der massgebenden Unterschiede zu Deutschland ist die Unterbringung der Angestellten. Sammelunterkünfte für die Belegschaft wie bei Tönnies gibt es in der Schweiz nicht. Die Gefahr, dass sich das Virus aufgrund der Wohnsituation unter der Belegschaft ungebremst weiterverbreitet, besteht in der Schweiz also nicht.
Schärfere Hygienevorschriften in der Schweiz
Zudem würden in der Schweiz schärfere Hygienevorschriften in Fleischbetrieben gelten. «Wenn die vorgegebenen Mindestabstände unter den Mitarbeitern nicht eingehalten werden können, zum Beispiel bei der Fleischkontrolle am Schlachtband, müssen mindestens Visiere aus Plexiglas getragen werden», so eine Sprecherin des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zu Focus Online. Ausserdem gibt es keine derartigen Schleuderpreise für Fleisch, wie man sie von Deutschland kennt. (rad)