Die lebenslange Verwahrung ist eigentlich genau für Kriminelle wie ihn gedacht: Claude Dubois, ein hochgefährlicher Wiederholungstäter, war bereits ein verurteilter Mörder, als er 2013 die 19-jährige Marie in Payerne VD vergewaltigte und brutal erwürgte.
Nun hob das Bundesgericht seine lebenslange Verwahrung auf. Damit geht der Fall Dubois zurück ans Waadtländer Kantonsgericht. Dies dürfte die lebenslange Verwahrung durch eine ordentliche Verwahrung ersetzen.
Das bedeutet: Die Behörden müssen nach dem Ende seiner Haftstrafe jährlich prüfen, ob Dubois noch für die Öffentlichkeit gefährlich ist oder bedingt entlassen werden kann. Theoretisch könnte er also irgendwann freikommen.
Theoretisch. Denn wie eine bisher unveröffentlichte Studie zeigt, geht diese Chance gegen null. Thomas Freytag, Leiter des Berner Amts für Justizvollzug, hat zusammen mit Aimée Zermatten von der Universität Freiburg erstmals untersucht, wie oft schwere Straftäter in den letzten 14 Jahren aus der ordentlichen Verwahrung entlassen wurden. Das Ergebnis: äusserst selten.
Die meisten der freigelassenen Verwahrten sind alte, körperlich kranke Täter
Zwischen 2004 und 2017 bewilligten die zuständigen Behörden insgesamt 27 Mal eine bedingte Entlassung. Das sind gerade mal zwei Prozent aller abgeklärten Fälle. Zum Vergleich: Im normalen Strafvollzug liegt die Bewilligungsquote bei 73 Prozent.
Hinzu kommt: Die meisten der freigelassenen Verwahrten sind alte, körperlich kranke Täter, bei denen eine Rückfallgefahr nahezu ausgeschlossen werden kann.
Insgesamt sitzen derzeit rund 150 Verwahrte in Schweizer Gefängnissen. Gestritten wird im Fall Marie also vor allem um juristische Details. Denn brutale Mörder wie Dubois oder der Täter von Rupperswil haben fast keine Chance, in ihrem Leben jemals wieder freizukommen.
Auch kleine Verwahrung wird selten aufgehoben
Laut Studienautor Thomas Freytag zeigen die Resultate, dass bereits die ordentliche Verwahrung genügend Sicherheit bringt und Verschärfungen nicht notwendig sind. Eine bedingte Entlassung werde «ausserordentlich selten bis gar nie» gewährt: «Die ordentliche Verwahrung hat sich de facto der lebenslänglichen Verwahrung angenähert.» Positiv sei zudem, so Freytag, dass sich die Praxis in den Kantonen nicht signifikant unterscheide.
Die Studie liefert auch Fakten zur sogenannten kleinen Verwahrung. Wird ein psychisch gestörter Täter als gefährlich beurteilt, kann er fünf Jahre lang in einer geschlossenen Abteilung behandelt werden. Falls nötig, wird die Massnahme um fünf Jahre verlängert.
Auch die kleine Verwahrung wird nur selten aufgehoben. Die Chance auf eine bedingte Entlassung der Verwahrten ist auch hier massiv geringer als im normalen Strafvollzug. Nur in elf Prozent der überprüften Fälle entscheiden sich die Behörden für eine Freilassung. Alle anderen Täter bleiben eingesperrt.
Diese restriktive Praxis stellt die Schweizer Vollzugseinrichtungen allerdings zunehmend vor Probleme. Die Zahl der Personen in kleiner Verwahrung steigt seit Jahren. Ende 2016 befanden sich mehr als 900 Personen in einer stationären Massnahme. Heute dürften es bereits deutlich über 1000 sein.
Die Folge: Zunehmend fehlen Therapieplätze. Fast die Hälfte aller Täter in der kleinen Verwahrung wartet derzeit auf eine angemessene Behandlung.