Virologe Hendrik Streeck über Lehren aus der Corona-Pandemie
«Lockdowns waren auch Ausdruck von Verzweiflung»

Was nützen Masken? Wie gut schützen Impfungen? Sind Lockdowns sinnvoll? Hat es die Politik übertrieben? Der deutsche Virologe Hendrik Streeck (44) über Corona-Massnahmen und den aktuellen Stand des wissenschaftlichen Wissens.
Publiziert: 31.05.2022 um 00:55 Uhr
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Aktualisiert: 31.05.2022 um 06:30 Uhr
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Hendrik Streeck schaut auf die Pandemie zurück.
Foto: Keystone
Interview: René Scheu

Der Virologe Hendrik Streeck (44) ist entspannt, als wir uns an einem vorsommerlichen Samstag auf dem Petersberg in Bonn (D) treffen. In den vergangenen beiden Jahren musste Streeck so manchen Shitstorm über sich ergehen lassen – und dies, weil er der Wissenschaft eine verlässliche, nüchterne Stimme lieh. Die Aufarbeitung der Corona-Pandemie hat eben erst begonnen.

Blick: Herr Streeck, die Pandemie ist noch lange nicht vorbei. Nun steht die Aufarbeitung der Anti-Corona-Massnahmen von 2020 bis 2022 an. Was ist der Stand?
Hendrik Streeck: Wir stehen mit der Aufarbeitung der Evaluation der Anti-Corona-Massnahmen erst ganz am Anfang. Das grosse Problem dabei ist, dass wir eine schlechte Datenlage haben.

Wie das?
Die Politik hat Massnahmen ergriffen, ohne sie wissenschaftlich begleiten zu lassen oder eine solide wissenschaftliche Basis zu schaffen. Wir können leider nicht mal in Teilen die drängenden Fragen beantworten, welche Massnahmen effektiv sind und welche weniger. Am Anfang der Pandemie musste die Politik Entscheidungen treffen, ohne zu wissen, wie wirksam sie sein werden. Jedoch wurde nicht daran gedacht, dass man aus dieser Phase auch lernen muss.

Wir stehen also mit leeren Händen da?
Es geht nicht darum, mit den Fingern auf irgendwelche Entscheidungen geschweige denn Entscheider zu zeigen, sondern darum, eine sorgsame Lessons-Learnt-Analyse zu haben. Nur so wissen wir, wie wir es nächstes Mal besser machen.

Sind wir dazu datentechnisch in der Lage?
Gute Frage. Man kann nicht im Nachhinein die Wirksamkeit der Massnahmen in einer Evaluation be- oder widerlegen. Aber die Datenlage wird leider auch in zwei Jahren nicht besser sein, wenn wir weitermachen wie bisher.

Gilt das Motto von Goethes Faust: Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor?
Wir haben die Impfung, wir haben wirksame Medikamente entwickelt, wir wissen, dass Masken wirken, und wir können souveräner mit der Pandemie umgehen. Das sind grosse Fortschritte, die wir gemacht haben, und zwar im Schnelltempo. Aber man hat zwei Jahre lang alle möglichen Massnahmen verfügt, ungeordnet, von der Hygiene über die Maske bis zum Lockdown, sodass man den Einzeleffekt einer Massnahme kaum eindeutig herausrechnen und bestimmen kann. Das ist bedauerlich.

Verstehe ich Sie richtig: Die Politik hat insgesamt versagt?
Das hat sie nicht. Und im Nachhinein ist man immer schlauer. Gesellschaft und Politik waren mit einem Virus konfrontiert, auf das sie nicht vorbereitet waren. Es war schnell klar, dass Sars-CoV-2 ein ernst zu nehmendes Virus ist, und die Politiker waren also von schlimmen Pandemieszenarien getrieben. Sie haben schnell und ohne gesichertes Wissen entschieden. Das war auch richtig.

Es liess sich eine Art Herdentrieb feststellen: In der Schweiz über Kantone hinweg, in Europa über Länder hinweg. War dies eine Panikreaktion?
Keine Panik, eher Überstürzung. Aber wer bewahrt in einer solchen Situation schon einen kühlen Kopf? Jede unterlassene Massnahme hatte das Potenzial, Pandemietote zu verursachen – und das musste man unbedingt vermeiden. Dennoch wäre es sinnvoll gewesen, behutsam unterschiedliche Massnahmen an unterschiedlichen Orten umzusetzen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Und vor allem: Massnahmen nacheinander und schrittweise einzuführen und nacheinander wieder zurückzunehmen und jedes Mal genau das Infektionsgeschehen zu beobachten.

Zum Beispiel?
Man hätte in den Schulen unterschiedliche Regimes testen können, einige schliessen, andere offen halten. Man hätte auch den Gebrauch von Masken und Hygienekonzepten testen können, um das Infektionsgeschehen genau zu beobachten und es irgendwann zu begreifen. Zumindest zu dem Zeitpunkt, als man die Infektionszahlen weitestgehend einschätzen konnte.

Hier spricht der Wissenschaftler. Aber der Politiker denkt anders: Misslingt ein Massnahmenregime, wird er dafür verantwortlich gemacht. Und er will sich den Vorwurf ersparen, ein Live-Experiment mit lebenden Menschen angestellt zu haben.
Natürlich. Der Punkt ist nur: Geschlossene Schulen sind ebenso ein Experiment wie geöffnete Schulen. Denn es gibt ja nicht nur medizinische Folgen der Pandemie, sondern auch schwerwiegende psychologische, soziale, wirtschaftliche Kollateralschäden. Das wurde viel zu wenig bedacht. Es war früh klar, dass Kinder kein erhöhtes Sterberisiko aufweisen – aber die sozialen Folgeschäden von Schulschliessungen waren erwartbar drastisch. Das ist sicher eine Lektion für die Zukunft: Man muss hier mutiger, das heisst experimentierfreudiger sein. Und das heisst: Man muss am Ende dem Einzelnen mehr Verantwortung übertragen.

Ein Lob der Eigenverantwortung hören die Schweizer immer gerne – aber wie genau meinen Sie das?
Wir kennen das aus der Aidsforschung. Wenn Sie auf eine Befähigungsstrategie setzen, erzielen Sie die besten Resultate. Der Einzelne merkt, dass er einen Unterschied machen kann – durch sein ureigenes Handeln. Wenn hingegen die Obrigkeit Verbote verfügt, dann wirkt das auf die Bürger entmutigend. Sie fühlen sich einerseits machtlos. Und sie halten sich anderseits auch nicht konsequent an die Verbote.

Es werden ja weiterhin Zahlen herumgeboten, um die Pandemie messbar zu machen: vor allem die Reproduktionszahl, also wie viele Menschen ein an Covid-19 erkrankter Mensch ansteckt, und der Inzidenzwert, also die Zahl von Neuansteckungen pro 100'000 Einwohner. Wie zuverlässig sind diese Messgrössen?
Die Grössen sind leider nicht besonders aussagekräftig. Nehmen wir beispielsweise die sogenannte Inzidenz. Streng epidemiologisch gesehen, haben wir es gar nicht mit einem Inzidenzwert zu tun, sondern einer Fallzahl. Wir wissen ja nicht, wie viele Leute sich tatsächlich anstecken. Die Dunkelziffer war in Teilen enorm hoch. Dafür müsste man umfassend und regelmässig testen bzw. repräsentative Stichproben durchführen. Wir wissen stattdessen nur, wie viele gemeldete Krankheitsfälle auf 100'000 Fälle kommen – und müssen darüber hinaus schätzen.

Diese Zahlen bieten also im besten Fall anekdotische Evidenz?
So könnte man das philosophisch fassen. Denn der publizierte Inzidenzwert hängt seit Beginn der Pandemie von vielen Faktoren ab, die die Aussagekraft beschränken und verzerren: Wie wird getestet? Wo wird getestet? Wann wird getestet? Und vor allem: Wer wird getestet beziehungsweise wer lässt sich testen? Wir haben über die Dauer der Pandemie kein einheitliches Vorgehen – insofern sind alle Zahlen mit Vorsicht zu geniessen.

Wir waren also komplett im Blindflug unterwegs?
In Teilen waren wir das, ja. Und wir sind es noch immer. Aber das liegt auch in der Natur der Sache. Es gibt keinen Königsweg, um mit einer solchen Pandemie umzugehen. Wir wissen in Deutschland nicht einmal, wie viele Menschen geimpft oder wie viele genesen sind. Wir wissen nur, wie viele Impfdosen an die Arztpraxen und Impfzentren geliefert wurden.

Aber wenn im Herbst und Winter die Infektionszahlen womöglich wieder hochgehen, müssten wir doch dringend wissen, wie hoch die Schutzquote ist.
Absolut. Mir ist es als Arzt letztlich egal, wie jemand zu den Antikörpern kommt, ob durch Infektion oder Impfung – aber wir sollten wissen, wie viele Menschen über eine geeignete Immunantwort auf Sars-CoV-2 verfügen. Gegenwärtig sind wir hier ebenfalls auf Schätzungen angewiesen.

Wer hat tendenziell mehr Antikörper: der Geimpfte oder der Genesene?
Es gibt viele Studien dazu und einen Gelehrtenstreit. Doch zeichnet sich ab: Genesene haben mindestens eine ebenso gute Immunantwort wie Geimpfte. Und über die beste Immunantwort verfügen Menschen, die sowohl genesen als auch geimpft sind.

Wie hoch ist mutmasslich die Schutzquote?
Das ist schwer zu sagen, und eigentlich weiss das niemand. Wir haben in Deutschland über 23 Millionen offiziell genesene Menschen. Die Dunkelziffer liegt irgendwo zwischen Faktor 1,5 und 4 höher. Hinzu kommen die Geimpften. Aufgrund des bisherigen Verlaufs würde ich also schätzen, dass wir bei rund 95 Prozent Schutzquote liegen.

Das wäre eine erfreuliche Zahl. Doch stellt sich dann die Frage: Braucht es dann überhaupt noch politische Massnahmen? Zumal ja mittlerweile eigentlich jeder weiss, wie er sich selber schützen kann.
Wir befinden uns in einem schleichenden Prozess zur Endemie, bei der genügend Menschen zumindest eine Grundimmunität haben. Aber auf dem Weg dahin kann theoretisch noch alles Mögliche passieren. Zudem: Risikogruppen wie ältere und geschwächte Gruppen bleiben weiterhin vulnerabel. Sie bedürfen eines besonderen Schutzes.

Theoretisch ist immer alles möglich, aber praktisch?
Praktisch sollten wir wachsam bleiben, wir sollten das Abwasser monitoren, um zu besseren Daten zu kommen, wir sollten auf Eigenverantwortung setzen, das Impfen fortführen und die Risikogruppen gezielt schützen. So sollten wir gut durch den kommenden Herbst und Winter kommen.

Warum nimmt das Infektionsgeschehen im Winter zu – hat das damit zu tun, dass wir uns vermehrt in Innenräumen aufhalten oder sich das Virus unabhängig davon schlechter überträgt?
Bei vielen Viruserkrankungen gibt es eine Saisonalität. Noroviren oder Rotaviren verbreiten sich mit Vorliebe im Sommer, die Coronaviren bevorzugen die kalte Jahreszeit. Für solche Viren wie Sars-CoV-2 gibt es ein Optimum von Luftfeuchtigkeit, Temperatur, UV-Strahlung und menschlichem Verhalten. Auch hier haben wir noch längst nicht alles ergründet.

Auch hier tappen wir weiterhin im Dunkeln?
Nicht ganz. Wir wissen ja, dass die Infektionslage in den Wintermonaten problematischer ist als im Sommer. Wir können davon ausgehen, dass dies sich auch im nächsten Herbst und Winter wieder so verhält.

Das hiesse wiederum: Das Infektionsgeschehen ist ein Naturgeschehen, und unser Einfluss darauf bleibt minim?
Die Saisonalität des Virus ist gegeben. Sie verläuft in Wellenbewegungen. Es ist quasi eine Dauerwelle, die uns jedes Jahr ereilt. Was in unserer Hand liegt: Wir können die Spitzen brechen. Und wir können dafür sorgen, dass vulnerable Gruppen geschützt sind und das Gesundheitssystem sich um Leute mit schweren Verläufen kümmern kann. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Lassen Sie uns den Stand des wissenschaftlichen Wissens rekapitulieren. Was nützen Masken?
Sie sind effektiv. Wenn man es vereinfacht runterbricht: Alltagsmasken schützen zu rund 30 Prozent, OP-Masken zu 50 Prozent und FFP2-Masken zu rund 80 Prozent, vorausgesetzt, sie werden richtig getragen. Es wurde in vielen Experimenten gezeigt, dass der Gebrauch von Masken die Infektionswahrscheinlichkeit heruntersetzt. Man infiziert sich selber seltener, und man gibt das Virus seltener weiter. Aber man nimmt auch an, dass die Infektionsdosis an Viren deutlich geringer ist, wenn man sich trotz Maske infiziert – und darauf kommt es letztlich an. Es geht also nicht nur um Ansteckung oder Nichtansteckung, sondern auch um die Viruslast.

Was nützen die Impfungen?
Sie sind hocheffektiv im Schutz vor einem schweren Verlauf von Covid-19. Allerdings schützen sie nicht vor einer Infektion. Und sie schützen auch nicht dauerhaft vor der Weitergabe des Virus.

Hat die Impfung Nebenwirkungen?
Klar. Jedes Mittel, das Wirkungen hat, hat immer auch Nebenwirkungen. Es gibt die wohlbekannten: Fieber, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Gelenk- und Kopfschmerzen.

Ich meinte eher: Langzeitnebenwirkungen.
Die sind selten, aber auch die gibts, zum Beispiel Herzmuskelentzündungen. Allerdings sind solche Entzündungen bei einer Infektion über zehn Mal wahrscheinlicher als bei einer Impfung. Man muss daher immer alles ins Verhältnis setzen. Einer der grössten Fehler in dieser Betrachtung ist, wenn man dogmatisch an das Thema herangeht.

Wie lange schützt eine Impfung vor einem schweren Verlauf?
Das wissen wir noch nicht genau. Es gibt seriöse Studien, die suggerieren, dass ein doppelt geimpfter Mensch ein Leben lang vor einem schweren Verlauf geschützt ist.

Dann war das mehrfache Impfen, wie zum Beispiel in Israel praktiziert, aus medizinischer Sicht übertrieben bis absurd?
Für gesunde Menschen: ja. Für Risikogruppen: nein. Und wenn jemand schlecht Immunantworten ausbildet, ist eine erneute Impfung sinnvoll.

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Wie zuverlässig ist ein PCR-Test?
Er ist eigentlich zu gut für ein Pandemie-Management. Auch viele Wochen nach einer Infektion werden im PCR-Test noch Virenreste oder einzelne nichtinfektiöse Herde im Rachen nachgewiesen. Man gilt dann als infiziert und infektiös, obwohl man es längst nicht mehr ist.

Und der Antigen-Test?
Der ist zu schlecht. Gerade in der Anfangsphase einer Infektion taugt er wenig, diese nachzuweisen. Oftmals werden Menschen negativ getestet, obwohl sie infiziert und infektiös sind.

Folglich?
… sollten wir wieder dahin kommen, sich als Arzt zu fragen, wann man typischerweise testet. Nämlich dann, wenn der Patient Symptome hat und sich krank fühlt. Das anlasslose Testen bringt eigentlich wenig und taugt nicht als Mittel zur Pandemiesteuerung. Stattdessen sollten wir ein Monitoring des Abwassers durchführen. Das erlaubt uns zuverlässigere Rückschlüsse auf den Inzidenzwert als willkürliches Testen.

Machen Lockdowns Sinn?
Sie machen nur dann kurzfristig Sinn, wenn man glaubt, durch eine komplette Kontaktbeschränkung das Infektionsgeschehen unterbrechen zu müssen. Ein Lockdown war ganz zu Beginn aus meiner Sicht gerechtfertigt, weil man nicht wusste, mit welchem Virus man es zu tun hatte – und weil es weder Geimpfte noch Genesene gab. Danach war er aus meiner Sicht aber nicht mehr gerechtfertigt, sondern Ausdruck von Verzweiflung. Die Wirksamkeit von Lockdowns über einen längeren Zeitraum ist ohnehin zweifelhaft.

Stichwort Omikron: Hat sich das Virus über die Zeit abgeschwächt?
Durchaus. Das kann man auch gut nachvollziehen. Das Virus hat die Rezeptor-Affinität verändert: Es führt deshalb viel seltener zu schweren Lungenerkrankungen.

Kann sich das Virus auch wieder radikalisieren, oder erleben wir nun eine stetige Abschwächung?
Was will das Virus, metaphorisch gesprochen? Es will überleben. Genauer: Es will sich vermehren, es will den Immunantworten entgehen und seine eigene Fitness nicht verlieren. Es werden sich immer jene Varianten durchsetzen, die dies am besten können. Also bessere Übertragbarkeit, höhere Immunflucht, aber kein Verlust der eigenen Fitness. Krankmachende Eigenschaften sind kein Ziel des Coronavirus. Dennoch kann es passieren.

Ist Sars-CoV-2 ein chinesisches Virus?
Das weiss man nicht. Man weiss nicht mal mit letzter Gewissheit, ob es wirklich aus China kommt.

Ist es natürlich entstanden oder künstlich hergestellt worden?
Auch das weiss man noch nicht definitiv. Beides ist möglich. Für wahrscheinlicher halte ich persönlich einen natürlichen Ursprung.

Kommen wir zum Schluss auf die Medien zu sprechen. Da herrschte über zwei Jahre weitgehend Alarmismus. Wenn die Pandemie schlimmer verläuft, als die meisten befürchteten, kann der Alarmist sagen: Ich habs ja immer gewusst. Wenn sie weniger schlimm verläuft, spricht niemand mehr darüber, weil alle froh sind, heil davongekommen zu sein. Insofern ist der Alarmist immer auf der richtigen Seite. Ist Alarmismus also zwar ärgerlich, aber rational und unvermeidlich?
Es ist wie beim Wetterbericht: Die meisten Experten warnen lieber einmal zu viel als zu wenig vor dem Sturm. Denn wenn der Meteorologe einmal nicht warnt, der Sturm aber ausbricht, ist er seinen Job los. Insofern ist die mediale Dynamik in einer Pandemie tatsächlich tendenziell alarmistisch. Dennoch könnte man den Alarmismus ja durchschauen – und ihn weniger extensiv pflegen. Insofern halte ich ihn durchaus für vermeidbar.

Die mediale Dynamik, die zur Dramatisierung drängt, macht nüchternen Wissenschaftlern wie Ihnen das Leben schwer?
Leider ja. Ich musste manchen Shitstorm über mich ergehen lassen. Ich wurde von bestimmten Medien gerne immer mal wieder als Verharmloser hingestellt. Dabei war und bin ich einfach Realist und Pragmatiker.

Und der Verlauf der Pandemie hat Ihnen recht gegeben. Sind Sie wütend auf die Medien?
Nein. Letztlich haben auch die Journalisten bloss ihren Job gemacht.

Haben sie ihn gut gemacht?
Manche ja, manche nein – mittelprächtig. Einige verwechseln leider Wissenschaftsjournalismus mit Aktivismus. Jene haben den objektiven Blick vor einiger Zeit über Bord geworfen.

So cool?
Schon – oder besser: Inzwischen vergleichsweise ja.

Interviewer René Scheu ist Blick-Kolumnist und Geschäftsführer des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) in Luzern.

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