Violeta T. (42) trifft den Mann, der ihre Tochter fand
«Dank ihm können wir von Isabella Abschied nehmen»

Zwei Wochen sind seit dem Fund der toten Isabella in einem Waldstück bei Zezikon TG vergangen. Gestern fuhr ihre Familie in die Ostschweiz, um sich beim Finder zu bedanken und sich ein eigenes Bild des Fundortes zu machen. Es wurde zu einer Reise der Trauer.
Publiziert: 09.02.2018 um 00:25 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 20:35 Uhr
Drei Männer nach Tod von Isabella T. (†20) angeklagt
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Emotionales Treffen im Thurgau:Drei Männer nach Tod von Isabella T. (†20) angeklagt
Marco Latzer, Ralph Donghi (Text) und Thomas Meier (Fotos)

Es ist der wohl schwerste Gang ihres Lebens. Und gleichzeitig ihr grosser Wunsch. Violeta T.* (42) bittet BLICK, sie mit dem Mann zusammenzubringen, der vor zwei Wochen in einem Waldstück bei Zezikon TG ihre Tochter fand. Die Leiche von Isabella (†20) war dort in einen hellgrünen Teppich eingerollt und abgelegt worden.

«Ich möchte, dass es alle Menschen sehen und dieser Fall nicht vergessen geht», begründet Violeta T. ihren Wunsch. Zusammen mit Ehemann Ervin T.* (46) und begleitet von den engsten Freunden fuhr die Familie gestern vom Aargau in die Ostschweiz.

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Durch Isabellas Schicksal verbunden: Mutter Violeta T. (42) fällt dem 78-jährigen Manfred Hunziker in die Arme. Er fand die Leiche in einem Waldstück bei Zezikon.
Foto: Thomas Meier

«Bella, Bella. Warum nur?!»

Schon als sie beim Waldstück ankommen, bricht Violeta T. in Tränen aus. Sie zittert am ganzen Körper, schreit auf. Immer wieder ruft sie: «Bella, Bella Isabella. Warum nur?!» So sehr es sie auch schmerzt, umkehren kommt für sie nicht in Frage.

Langsamen Schrittes geht Familie T. die kleine Waldstrasse hinunter. Nach einigen hundert Metern wartet dort Manfred Hunziker (78) auf sie. Nachdenklich steht der Finder von Isabella am Wegrand. «Ich weiss nicht, was auf mich zukommt. Ich hoffe einfach, dass es der Familie bei der Verarbeitung hilft», sagt er noch kurz vor dem Treffen.

Grosser Dank an den Finder von Isabella

Als Violeta T. den Mann erblickt, läuft sie direkt auf ihn zu, umarmt ihn fest und herzlich. «Es gibt keine Worte dafür, wie dankbar wir sind. Dank Ihnen können wir Abschied nehmen. Gott sei mit Ihnen», sagt ihm Violeta T. und weint. Auch Manfred Hunziker antwortet mit brüchiger Stimme: «Mir wäre es am liebsten gewesen, ich hätte sie nicht finden müssen.»

Dann deutet er auf die Böschung gleich neben der Familie: «Hier war es, hier lag sie.» Zusammen mit Isabellas Mutter steigt Hunziker die kleine Böschung hinab, auf der der Teppich gefunden wurde. Vater Ervin will wissen: «Was haben Sie gesehen? War unsere Tochter zu erkennen?» Hunziker antwortet, er habe den Teppich, der mit Schnüren zugebunden gewesen sei, nicht so genau angeschaut.

Hunziker beantwortet die Fragen der Familie

«Der Körper war mit weissen Tüchern bedeckt. Ich sah Haare und eine Schulter hervorschauen. Dann war ich mir sicher, dass das ein Mensch sein musste, und habe die Polizei geholt. Blut sah ich keines», schildert der Rentner. Hunziker zieht sich etwas zurück, als Mutter und Vater am Fundort beginnen, kleine Grabkerzen anzuzünden.

Von Tränen ergriffen sagt er zu BLICK: «Das setzt mir schon zu, dieses schlimme Leid zu sehen.» Traurig schaut er nach drüben, wo Violeta T. auf die Knie fällt und verzweifelt mit den Händen über den Neuschnee streicht. Isabella ist für sie ganz nahe – und doch unendlich fern.

Für Isabellas Tod gibt es keinen Trost

Antworten findet Familie T. in Zezikon keine. «Aber es war richtig, hierher zu kommen, so sehr es auch schmerzt», sagt Violeta T. nachdem sie den Wald wieder verlassen hat. Sie habe diesen Ort mit eigenen Augen sehen müssen. «Sie sind hier jederzeit willkommen und dürfen gerne auch mal einen Gedenkstein errichten», versucht Manfred Hunziker zu trösten. Doch wahren Trost gibt es nicht: Auch wenn der oder die Täter ihre gerechte Strafe erhalten sollten, Isabella kommt nicht mehr zurück.

* Name der Redaktion bekannt

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