Viagra, Appetit-Zügler, Schlafmittel
Illegale Pillen überschwemmen die Schweiz

2014 beschlagnahmten Zollbeamte landesweit 1225 Sendungen. Am meisten treffen die Beamten dabei auf Errektionsförderer und Appetitzügler. Doch nicht alle Pillen können überprüft werden.
Publiziert: 12.06.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 18:16 Uhr
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Zöllnerin Renate Frei zeigt einige der beschlagnahmten Medikamente.
Von Romina Lenzlinger

Das Paket ist korrekt frankiert und an eine gültige Anschrift adressiert. Doch sein Inhalt ist brisant, wie die Stichprobe am Zoll Zürich zeigt: Das Päckchen enthält zwölf Schachteln gefälschte Viagra-Pillen, hergestellt und verpackt in Indien.

«Die Schweizer bestellen zunehmend übers Internet Medikamente im Ausland», sagt Renate Frei (49) vom Flughafenzoll Zürich. «Vor allem Erektionsförderer und Appetitzügler liegen im Trend», so die Beamtin. Die meisten dieser Medikamente stammen aus Indien und China.

Seit Anfang Jahr beschlagnahmten die Zürcher Flughafenzöllner über 300 Pakete mit illegal eingeführten Medikamenten. 2014 waren es landesweit 1225 Sendungen, 129 mehr als im Vorjahr. Bei 53 Prozent handelt es sich um Erektionsförderer, danach kommen Appetitzügler, Doping- und Schlafmittel. «Beliebt sind zurzeit auch Diätpillen auf pflanz­licher Basis. Sie gelten als gesund, enthalten aber gefährliche chemische Substanzen», sagt Frei.

Viele der Medikamente seien gestreckt. «Ihre Dosierungen sind teilweise dreimal so hoch wie beim Original», so Frei. Die Einnahme kann zu Kopfschmerzen, Schwindel, Kreislaufproblemen, Sehstörungen oder irreparablen Penisschäden führen. Frei: «Nicht umsonst sind diese Mittel bei uns rezeptpflichtig.»

Renate Frei weiss: «Das, was wir rausfischen, ist nur ein Bruchteil. Leider können wir die Pakete nur stichprobenmässig kontrollieren, da uns das Personal fehlt.» Man geht von jährlich über 40 000 Paketen aus, die es bis zu den Konsumenten schaffen.

Die beschlagnahmten Sendungen übergeben die Zöllner dem Heilmittelinstitut Swissmedic. «Eine Privatperson darf für sich Arzneimittel in der Menge eines Monatsbedarfs importieren. Alles andere ist verboten,» sagt Ruth Mosimann von Swissmedic. Übersteigt die Bestellung diesen Wert, eröffnet Swissmedic ein Verfahren und lässt die Medikamente vernichten. Die Kosten zahlt der Besteller.

Bei wiederholten Verstössen oder beim Import gesundheitsgefährdender Medikamente riskiert der Empfänger ein Strafverfahren. Im schlimmsten Fall droht ihm eine Gefängnisstrafe.

Die Hersteller hingegen kommen meist straflos davon. «Sie zu belangen, ist schwierig. Der Vertrieb versteckt sich hinter anonymen Adressen in Übersee, der Versand erfolgt meist über indische Firmen», so Mosimann.

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