Die Rabeneltern Jessica T.* (37) und Hanspeter H.* (57) wollen nicht verantwortlich sein für den Tod ihrer einjährigen Tochter Jasmina*. Sie sind darum am Freitag vor dem Kantonsgericht St. Gallen – und wehren sich dort gegen ihre erstinstanzliche Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung.
Am 4. August 2015 entdeckten Beamte der Kantonspolizei St. Gallen im Keller der Liegenschaft der Eltern Jasmina. Das Mädchen liegt kopfüber tot in einem Rollkoffer. Der Leichnam ist bereits bis zur Unkenntlichkeit verwest.
Angeklagte sollen kiloweise Koks konsumiert haben
Die Eltern stehen seither in Verdacht, ihre Sorgfaltspflichten verletzt und die gemeinsame Tochter vernachlässigt zu haben. Konkret wird ihnen vorgeworfen, die Tochter nicht altersgerecht ernährt und ihr keine ausreichende Bewegung ermöglicht zu haben. Ebenfalls sollen sie die medizinische Versorgung, die körperliche Hygiene und die sozialen Kontakte des einjährigen Mädchens vernachlässigt haben.
Die Befragung der Eltern vor Gericht dauerte am Freitag fast fünf Stunden. Zum Drogenkonsum wollten die Beschuldigten, beide wegen Betäubungsmitteldelikten vorbestraft, nichts sagen. Dem Mann wird vorgeworfen, zwischen Oktober 2012 und August 2015 drei Kilogramm Kokain bei einem Dealer gekauft zu haben. Zwei Kilogramm soll er selber konsumiert haben, ein Kilogramm seine Partnerin.
Bei beiden waren Rückstände von Kokain festgestellt worden. Eine Haarprobe ergab, dass die Frau praktisch durchgehend Kokain konsumierte. Auch bei der toten Tochter war Kokain in den Haaren nachgewiesen worden.
Er habe der Partnerin nie Kokain abgegeben, weder während der Schwangerschaft noch während der Stillzeit und auch nachher nicht, sagte der 57-Jährige. «Ich hätte sofort gehandelt und die Kleine zur Schwiegermutter gebracht.»
Lange Freiheitsstrafen für die Eltern
Das Kreisgericht Rorschach sprach die Eltern im Dezember 2018 wegen fahrlässiger Tötung schuldig. Die Mutter wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Der Vater soll fünf Jahre ins Gefängnis.
Die Anklage hatte den Beschuldigten vorgeworfen, sie hätten ihre Tochter wegen ihrer Drogensucht so sehr vernachlässigt, dass sie starb. Es sei danach «wie Abfall» behandelt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tötung gefordert.
Die Verteidigung hatte für beide Angeklagten auf Freispruch plädiert. Die Anwältin der Mutter hatte erklärt, es gebe in diesem Fall keine Geständnisse. Deshalb handle es sich um einen Indizienprozess. Beim Kind sei keine Todesursache mehr feststellbar gewesen. Vermuten lasse sich ein Atemstillstand oder ein plötzlicher Kindstod. (SDA)
* Namen geändert