Das Bundesamt für Verkehr hatte dem Busunternehmen Domo erst kürzlich erste Konzessionen für den nationalen Fernverkehr erteilt. Die Konkurrenz für die Schiene rief die Politik auf den Plan: Im Rahmen der Vorlage Organisation der Bahninfrastruktur (OBI) wollte die Verkehrskommission des Nationalrats die Bundesbehörden und die Busunternehmen bremsen.
Fernbusse sollten nur dann zugelassen werden, wenn sie im Fernverkehr keine wesentliche Konkurrenz und im regionalen Personenverkehr höchstens eine minimale Konkurrenz darstellen. Damit wollte die Kommission Rosinenpickerei auf lukrativen Linien verhindern.
Im Nationalrat setzten sich die bürgerlichen Parteien erfolgreich gegen die Einschränkungen zur Wehr. Ulrich Giezendanner (SVP/AG) warnte vor «Planwirtschaft im Verkehr». Das habe noch nie funktioniert in der Schweiz. Adrian Amstutz (SVP/BE) forderte Regeln für Busterminals. Dann aber sei das Angebot sinnvoll.
Auch Verkehrsministerin Doris Leuthard sprach sich gegen die Einschränkungen aus. Damit zementiere man die aktuelle Situation und verhindere jede Entwicklung, sagte sie. Aus Sicht der Kunden stellten Fernbusse eine Verbesserung des Angebots dar. Zu klären sei, unter welchen Bedingungen man sie zulassen wolle.
Die Grüne Regula Rytz (BE) warnte vergeblich vor «unsinniger und volkswirtschaftlich schädlicher Konkurrenz» für die Bahn. Die Folgen des Parallelverkehrs seien höhere Abgeltungen und steigende Ticketpreise, sagte CVP-Sprecher Martin Candinas (GR). «Wir wollen keine Willkommenskultur für Fernbusse.» Der Rat sprach sich schliesslich mit 122 zu 69 Stimmen bei 2 Enthaltungen gegen die Einschränkungen aus.
Die eigentliche OBI-Vorlage gab kaum zu reden. Dabei hatte sie der Nationalrat zunächst mit verschiedenen Aufträgen an den Bundesrat zurückgewiesen. Der Ständerat sprach sich jedoch gegen dieses Vorgehen aus.
Das Gesetz stärkt unter anderem die Passagierrechte. Künftig gelten ähnliche Regeln wie in der EU: Bei Verspätungen ab einer Stunde schuldet das Bahn- oder Busunternehmen eine Entschädigung in der Höhe von 25 Prozent des Fahrpreises. Ab zwei Stunden Verspätung ist eine Entschädigung von 50 Prozent fällig. Es gilt ein Mindestbetrag, auf kurzen Strecken gibt es also keine Entschädigung. Wer ein GA hat, bekommt ebenfalls keine Entschädigung.
Die Passagiere haben auch die Möglichkeit, die Reise gar nicht anzutreten oder zu unterbrechen, wenn diese wegen der Verspätung sinnlos geworden ist. Verpassen sie den letzten Anschluss, kommt das Transportunternehmen für Verpflegung und Unterkunft auf.
Um Diskriminierungen auf dem Schienennetz zu verhindern, wird eine unabhängige Trassenvergabestelle geschaffen. Heute sind bei den Schweizer Bahnen Verkehr und Infrastruktur in der Regel unter einem Dach angesiedelt. Bahnen, die auf fremden Netzen verkehren, drohen Nachteile. Die EU möchte daher, dass auch die Schweiz Verkehr und Infrastruktur trennt.
Das sei nur in einem liberalisierten System sinnvoll, sagte Leuthard. Stattdessen soll nun die Trassenvergabestelle, die heute von den grossen Normalspurbahnen und vom Verband öffentlicher Verkehr (VöV) getragen wird, in eine unabhängige Anstalt des Bundes überführt werden.
In einem Bereich hat der Nationalrat eine eigene Lösung beschlossen: Statt einer gesetzlichen Regelung für die Systemführerschaft will er einvernehmliche Branchenlösungen zu unterstützen. Verkehrsverbände und Kantone hatten um ihre Mitspracherechte befürchtet, nicht zuletzt bei der Festlegung von Tarifen.
Schliesslich wird die Schiedskommission im Eisenbahnverkehr in RailCom umbenannt und mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattet. Nicht mehr diskutiert wurde im Rahmen von OBI die Auslagerung von SBB Cargo. In einem im November veröffentlichten Bericht hatte der Bundesrat vorgeschlagen, der Gütertransporttochter innerhalb des SBB-Konzerns mehr Eigenständigkeit zu geben.
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die OBI-Vorlage mit 178 zu 1 Stimmen bei 16 Enthaltungen an. Diese geht nun an den Ständerat.