Verhüllungsverbot
Ständerat will Burkas nicht verbieten

Die Burka wird in der Schweiz vorerst nicht verboten. Der Ständerat hat am Donnerstag einen Vorstoss aus dem Nationalrat für ein Verbot abgelehnt. Dieser ist damit erledigt, doch wird sich voraussichtlich noch das Stimmvolk äussern.
Publiziert: 09.03.2017 um 11:16 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 17:06 Uhr
Der Ständerat will solche Verhüllungen nicht verbieten. Er hat einen parlamentarischen Vorstoss aus dem Nationalrat abgelehnt. (Symbolbild)
Foto: KEYSTONE/ALEXANDRA WEY

Der Ständerat lehnte die parlamentarische Initiative von Nationalrat Walter Wobmann (SVP/SO) mit 26 zu 9 Stimmen bei 4 Enthaltungen ab. Dieser wollte in der Verfassung verankern, dass niemand sein Gesicht im öffentlichen Raum verhüllen darf.

Das Verbot hätte neben der Vollverschleierung (Burka) auch den Gesichtsschleier (Niqab) umfasst, der nur die Augen freilässt. Andere Formen der Verschleierung wären ebenfalls unter die Bestimmung gefallen.

Im Ständerat wiesen die Gegner darauf hin, dass Burka und Niqab in der Schweiz selten anzutreffen seien. Ihretwegen drohten nun aber nationale Kleidervorschriften, stellte Andrea Caroni (FDP/AR) fest. Das widerspreche den freiheitlichen Grundsätzen.

Die Standesvertreter betonten zudem, die Kompetenz liege bei den Kantonen. Diese sollten gemäss ihren unterschiedlichen Bedürfnissen Regelungen erlassen können. Im Appenzell beispielsweise gebe es mehr Nacktwanderer als Burkaträgerinnen, sagte Caroni. Deswegen habe das Parlament aber kein nationales Nacktwandererverbot erlassen. Die beiden Appenzell hätten das auf kantonaler Ebene geregelt.

Ein weiteres Argument war der Tourismus. Er selbst würde nie im Leben solche Kleidung tragen, sagte Hans Stöckli (SP/BE). Ein Verbot wäre aber ein Problem für den Tourismus, die Zahl von Touristinnen und Touristen aus islamischen Ländern steige.

Kritik übten die Gegnerinnen und Gegner am Argument der Befürworter, es gehe auch um die Diskriminierung von Frauen. Sie sei dezidiert dagegen, dass Frauen unterdrückt und in ein «Stoffgefängnis» eingesperrt würden, betonte Anita Fetz (SP/BS). Doch es handle sich um ein vorgeschobenes Argument, «scheinheilig und verlogen». Die gleichen Kreise seien gegen ein modernes Eherecht eingetreten.

«Der Initiant will nicht ein Problem lösen, sondern einen symbolischen Kulturkampf lancieren», sagte Fetz. «Da kann ich nicht mitmachen.» Fabio Abate (FDP/TI) stellte fest, es sei keine Frage der Kleidung, ob die Rechte von Frauen respektiert würden oder nicht.

Für ein Burkaverbot machte sich Thomas Minder (parteilos/SH) stark. Er wies darauf hin, dass bereits 15 Länder ein solches Verbot erlassen hätten. Der Grund sei klar: «Die Bevölkerung fühlt sich unwohl, wenn Personen sich verhüllen», sagte Minder.

Das Parlament müsse sich die Frage stellen, auf wen es die Politik ausrichte. Wenn das Volk entscheiden könne, werde es klar zustimmen - noch deutlicher als es der Minarettinitiative zugestimmt habe. «Was wir in Bundesbern oft vergessen, ist das Lesen zwischen den Zeilen», kritisierte Minder. Es gehe nicht um einzelne Burka- oder Niqabträgerinnen, sondern um die «fortschreitende Islamisierung».

Auch Filippo Lombardi (CVP/TI) und Werner Luginbühl (BDP/BE) sprachen sich mit Verweis auf die Stimmung in der Bevölkerung für das Verbot aus. Es wäre besser, wenn sich das Parlament der Frage annähme, sagte Lombardi.

Er machte auch kulturelle Gründe geltend: In der Schweiz zeige man sein Gesicht. Für Luginbühl ist der parlamentarische Weg «das kleinere Übel». Der Wille, das Thema zu bewirtschaften, sei gross, stellte er fest.

Der Nationalrat hatte der Initiative im Herbst äusserst knapp zugestimmt, mit 88 zu 87 Stimmen bei 10 Enthaltungen. Vollverschleierung und der radikale Islam müssten in einem Zusammenhang gesehen werden, sagte Wobmann in der grossen Kammer.

Nach dem Nein im Ständerat kommt es nun voraussichtlich zu einer Volksabstimmung: Das «Egerkinger Komitee» um Wobmann hat die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» lanciert. Die Initianten haben bis am 15. September 2017 Zeit, die nötigen 100'000 gültigen Unterschriften zu sammeln. Nach Angaben von Rednern im Ständerat sind bereits 70'000 Unterschriften zusammen gekommen.

Im Kanton Tessin gilt seit dem 1. Juli 2016 ein Verhüllungsverbot. Die Stimmberechtigten hatten 2013 eine entsprechende Initiative auf kantonaler Ebene angenommen. Im ersten halben Jahr wurde gegen sechs Frauen ein Verfahren eröffnet.

Ob das Verbot zulässig ist, war zunächst umstritten gewesen. Der Bundesrat und das Parlament kamen aber zum Schluss, dass das Tessiner Verhüllungsverbot bundesrechtskonform ausgelegt werden könne. Der Bundesrat hielt zwar fest, dass er solche Verbote nicht für sinnvoll halte, da in der Schweiz nur sehr wenige Personen Gesichtsverhüllungen aus religiösen Gründen trügen.

Er verwies jedoch auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Juli 2014, gemäss dem ein ähnliches französisches Gesetz nicht gegen die Menschenrechtskonvention verstösst. Auf dieses Urteil berufen sich auch die Initianten des Volksbegehrens.

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