Vergewaltigungsdroge GBL
Behörden fast machtlos gegen K.-o.-Tropfen-Versand

Sie trübt das Bewusstsein, ruft Schwindel hervor und führt zu komaähnlichen Zuständen: GBL ist als Vergewaltigungsdroge bekannt. Trotzdem ist der Stoff ganz einfach erhältlich. Zum Beispiel als Reinigungsmittel.
Publiziert: 13.11.2018 um 19:29 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2018 um 23:02 Uhr
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K.-o-Tropfen sind auch in Schweizer Bars und Clubs ein Problem.
Foto: zvg
Helena Schmid

Die Gruppenvergewaltigung von Freiburg sorgte international für Schlagzeilen: Eine 18-Jährige tanzt im Club, als ihr ein junger Mann (21) ein Getränk offeriert. Sie trinkt es aus, danach gehen die beiden nach draussen. Dann vergewaltigt er sie hinter einem Gebüsch, holt sieben seiner Freunde, die sich ebenfalls an ihr vergehen. Die Frau ist währenddessen völlig betäubt, kann sich nicht wehren. Es besteht dringender Verdacht, dass ihr der erste Täter zuvor K.-o-Tropfen in den Drink gemixt hat.

Polizei sucht zwei weitere Verdächtige
2:44
Gruppenvergewaltigung von Freiburg:Polizei sucht zwei weitere Verdächtige

Auch in der Schweiz sind K.-o.-Tropfen ein Thema. Die Attacken haben in den letzten zwei Jahren zugenommen (BLICK berichtete). Das Basler Unispital testete allein dieses Jahr bereits 15 Personen positiv auf den Wirkstoff GHB, welcher der Körper aus der Vorläuferdroge GBL gewinnt – besser bekannt als K.-o.-Tropfen.

Amazon liefert Stoff in die Schweiz

Nur wenige Tropfen GBL können starken Schwindel bis hin zu Bewusstlosigkeit verursachen. Trotzdem kann man das Zeugs literweise im Internet bestellen. BLICK-Recherchen zeigen: Anbieter aus Polen oder Litauen liefern GBL in die Schweiz. Sogar auf Seiten wie Amazon kann man die Droge – in kleinen Mengen – bestellen.

Natürlich wird das gefährliche Gut nicht als K.-o.-Tropfen beworben. Die GBL-Flaschen sind mit Graffiti-Entferner, Felgenreiniger oder Lösungsmittel für Sekundenkleber beschriftet. Im industriellen Sektor wird GBL nämlich im grossen Stil als Reinigungs- und Lösungsmittel eingesetzt. Europaweit werden jährlich 50'000 Tonnen verpufft.

Dubiose Firmen im Ausland machen sich das zunutze. Sie werben mit 99,99 Prozent Reinheit ihrer GBL-Produkte – und deklarieren sie dann als «Super-Reiniger».

Das sind K.-o.-Tropfen

Der häufigste Wirkstoff in K.-o.-Tropfen ist GBL (Gamma-Butyrolacton). In der Schweiz ist die Substanz laut Tox-Info relativ verbreitet – als Partydroge, aber auch als Betäubungsmittel. GBL wird im Körper rasch zu GBH (Gamma-Hydroxybuttersäure) umgewandelt, auch bekannt als Liquid Ecstasy, da bei geringer Dosierung aufputschend wirkt und euphorisch macht.

In höheren Mengen trübt GBH das Bewusstsein und verursacht Schwindel. Symptomatisch für die Droge sind Zuckungen im Gesicht sowie in Armen und Beinen. In Extremfällen fällt der Betroffene ins Koma. GHB kann tödlich sein, sie führt bei einer Überdosis zu Atemstillstand.

Der häufigste Wirkstoff in K.-o.-Tropfen ist GBL (Gamma-Butyrolacton). In der Schweiz ist die Substanz laut Tox-Info relativ verbreitet – als Partydroge, aber auch als Betäubungsmittel. GBL wird im Körper rasch zu GBH (Gamma-Hydroxybuttersäure) umgewandelt, auch bekannt als Liquid Ecstasy, da bei geringer Dosierung aufputschend wirkt und euphorisch macht.

In höheren Mengen trübt GBH das Bewusstsein und verursacht Schwindel. Symptomatisch für die Droge sind Zuckungen im Gesicht sowie in Armen und Beinen. In Extremfällen fällt der Betroffene ins Koma. GHB kann tödlich sein, sie führt bei einer Überdosis zu Atemstillstand.

«Wir können die Regeln nicht durchsetzten»

Zwar ist der Gebrauch und Import dieser Produkte hierzulande nur zu industriellen Zwecken erlaubt. Doch lasse sich nicht verhindern, dass auch Privatpersonen die GBL-Produkte bestellen können, heisst es beim Bundesamt für Gesundheit.

Sprecher Adrien Kay bestätigt: «Bei dem grossen Umsatz von GBL kann die konsequente Durchsetzung der rechtlichen Bestimmungen nicht gesichert werden.» Ausserdem sei GBL nicht ohne weiteres zu erkennen und fast geruchlos. «Das erschwert die Kontrollen noch zusätzlich», sagt Kay. Doch die Behörden haben durchaus ein Auge auf die Sendungen. So wurden im vergangenen Jahr 19 Liter und 35 Kilo GHB/GBL beschlagnahmt.

Bei Tox-Info Schweiz ist das Problem bekannt. «Wir kennen Fälle, wo GBL in Form von Reinigungsmitteln konsumiert wurde», sagt Oberärztin Colette Degrandi von Tox-Info. Die Substanz werde als Partydroge genommen, oder als K.-o.-Tropfen verabreicht.

Wachte mit Kopfwunde im Spital auf

David Bevilacqua (25) erlebte es am eigenen Leib. Er erinnert sich nur noch bruchstückhaft an jene Partynacht an der Zürcher Langstrasse: Ein Fremder bietet ihm in einem Club einen Drink an. Bevilacqua nimmt dankend an, trinkt, die beiden unterhalten sich. «Als ich vor die Tür ging, wurde mir plötzlich schwindelig – und irgendwann dann schwarz vor Augen», erzählt er.

Am nächsten Morgen wacht er im Spital wieder auf. An seinem Hinterkopf hat er eine Platzwunde – die Ärzte haben sie frisch genäht. Mehrere Stunden sind ganz aus seiner Erinnerung gelöscht.

Nachweis selten möglich

Verlässliche Zahlen, wie häufig so etwas in der Schweiz passiert, gibt es nicht. Degrandi erklärt: «GHB ist im Blut nur während höchstens acht, im Urin während maximal zwölf Stunden nachweisbar. Wenn sich ein potenziell betroffenes Opfer meldet, ist es für den Nachweis häufig schon zu spät.»

Auch David Bevilacqua ist nicht sicher, ob es K.-o.-Tropfen waren, die ihn in jener Nacht ausgeknockt haben. «Aber das Erlebnis hat mich traumatisiert. Ich traute mich monatelang nicht mehr in den Ausgang», sagt er. Dass K.-o.-Tropfen so leicht erhältlich sind, mache die Angst nur noch schlimmer.

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