Vergangenheitsbewältigung
Soforthilfefonds braucht noch 2 Millionen Franken Spenden

Rund 4,6 Millionen Franken sind bis Ende Juni aus dem Soforthilfefonds an Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen geflossen. Viele Gesuche sind aber noch hängig. Die Verantwortlichen hoffen, dass das Geld am Schluss für alle reicht.
Publiziert: 09.07.2015 um 11:30 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:08 Uhr

Noch klafft ein grosses Loch im Fonds: An die 600 Gesuchsteller, deren Antrag positiv beurteilt worden ist, sind je knapp 8000 Franken ausbezahlt worden, total rund 4,6 Millionen Franken, wie das Bundesamt für Justiz am Donnerstag mitteilte.

Bei Ablauf der Frist für die Einreichung Ende Juni waren aber noch immer gut 550 Gesuche hängig. In der Kasse blieben zu diesem Zeitpunkt 1,2 Millionen Franken übrig. Das würde nur noch für Auszahlungen an rund 150 Betroffene reichen.

Nötig sind darum weitere rund 2 Millionen Franken. Man erwarte noch weitere Spenden, etwa von den Landeskirchen, sagte Ernst Lüber von der Glückskette auf Anfrage der sda. Zudem könnte der Prozentsatz der bewilligten Gesuche tiefer sein als zu Beginn. «Wenn wir zu wenig haben, werden wir versuchen, die nötigen Mittel zu mobilisieren», sagte Lüber. «Wir denken, dass wir es schaffen werden.»

Der Soforthilfefonds wird mit freiwilligen Beiträgen der Kantone, verschiedener Städte und Gemeinden sowie privater Organisationen, Unternehmen und Personen alimentiert. Der Kanton Waadt hat im Rahmen einer eigenen Lösung knapp eine halbe Million Franken an Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen gezahlt.

Nicht beteiligt hat sich der Bauernverband, obwohl beispielsweise viele Kinder bei Bauern verdingt worden waren. Die Organisation stellt sich auf den Standpunkt, dass dafür die Behörden und nicht die Bauern die Verantwortung tragen.

Der Soforthilfefonds wurde im April 2014 geschaffen, um finanziell schwierige Situationen von Opfern unbürokratisch und rasch zu entschärfen. Geld erhalten jene Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen, die auch die Kriterien für die Gewährung von Ergänzungsleistungen erfüllen.

Geprüft werden die Gesuche von einem Ausschuss des Runden Tisches, dem Betroffene und Fachleute angehören. Die Glückskette fällt den formellen Entscheid und nimmt die Auszahlungen vor. Es handelt sich nicht um eine Entschädigung, sondern um eine Geste der Solidarität.

Die noch hängigen Gesuche sollen bis Anfang 2016 abgearbeitet werden. Inzwischen ist auch die Diskussion um eine Entschädigung der Opfer in grösserem Umfang lanciert. Die Wiedergutmachungsinitiative fordert 500 Millionen Franken. Der Bundesrat schlägt vor, 300 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen. Damit sollen an 12'000 bis 15'000 Betroffene je 20'000 bis 25'000 Franken ausgerichtet werden können.

Fürsorgerische Zwangsmassnahmen sind in der Schweiz bis 1981 angeordnet worden. Manche der Opfer wurden als Kinder an Bauernhöfe verdingt, andere zwangssterilisiert, für Medikamentenversuche missbraucht oder wegen «Arbeitsscheu», «lasterhaften Lebenswandels» oder «Liederlichkeit» weggesperrt. Der Zugang zu Gerichten blieb den Betroffenen in den meisten Fällen verwehrt.

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